(ots) - Wie schnell sich die Gemengelage im Nahen Osten
verändern kann, zeigt die Einigung im Atomstreit mit dem Iran. Eben
noch war die Islamische Republik der Mullahs ein Terrorregime auf der
2002 von US-Präsident Bush zusammen-fantasierten Achse des Bösen.
Kaum ist der Deal mit Teheran in trockenen Tüchern und sind
Milliardengeschäfte in Aussicht, ist das Land ein Partner auf
Augenhöhe und Garant für Stabilität in einer Region, die mehr denn je
einem Pulverfass gleicht. Grund dafür sind die Angriffe der
türkischen Luftwaffe auf Stellungen des Islamischen Staates und der
kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Bombardements auf den IS sind
angeblich eine Reaktion auf den Anschlag von Suruc, bei dem 32 meist
linksgerichtete Jugendliche ums Leben gekommen waren. Obwohl der IS
sich nicht dazu bekannt hat, gilt seine Täterschaft für Ankara als
ausgemacht. Seitdem fliegt die Türkei Angriffe und erlaubt
US-Kampfjets, von türkischen Fliegerbasen abzuheben. Freilich ist der
Beitritt der Türkei in die Anti-IS-Allianz kein Grund zum Jubel -
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das nun
auch bemerkt und ihr voreiliges Lob Ankaras geradegerückt. Die
Luftangriffe sind nur ein weiterer Beleg, dass sich das
Freund-Feind-Schema in der Region nach Belieben ändern kann. Bisher
hatte der türkische Staatspräsident Erdogan keine Probleme mit dem
Terrrorkalifat vor seiner Haustür. Schließlich haben die schwarzen
Mörderbanden und der starke Mann aus Ankara dieselben Gegner: Das
Assad-Regime in Syrien und die Kurden im Irak und Syrien. Letztere
haben durch die Luftangriffe der US-Allianz auf den IS profitiert;
vor allem in Rojava/Nordsyrien ist das Projekt eines demokratischen
und selbstverwalteten Kurdistans weit gediehen - zu Erdogans Ärger.
Im Windschatten seiner Angriffe auf den IS versucht er nun, in
Kurdistan reinen Tisch zu machen. Anschläge auf Polizisten und der
aufgekündigte Friedensprozess durch die PKK geben ihm politischen
Rückhalt im Inland. Zustimmung für sein doppeltes Spiel kommt aus den
USA: Ankara habe das "Recht, gegen terroristische Ziele vorzugehen".
Gemeint sind die Kurden - und nicht die (ehemaligen) Freunde aus dem
Kalifat.
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