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Milchbauernpräsident Folgart: Milchbauern benötigen Unterstützung
Politik, Lebensmittelhandel und Molkereien sind gefordert

ID: 1244866

(ots) - (DBV) "Der aktuelle Milchauszahlungspreis ist für
unsere Milchbauern nicht kostendeckend. Eine deutliche Preiserholung
ist dringend gefordert, ansonsten werden zahlreiche Milchviehbetriebe
in ihrer Existenz gefährdet". Dies stellte der Milchbauernpräsident
und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Udo Folgart,
in einem Pressegespräch in Berlin fest. Um eine Wende zu erreichen,
sei ein Bündel von Maßnahmen notwendig. Dazu zählte Folgart eine
Verbesserung der Molkereistrukturen, eine Exportoffensive sowie ein
Ende der Niedrigpreisstrategie des Lebensmitteleinzelhandels, so dass
Investitionen in geforderte höhere Standards auch verdient werden
können. Außerdem müssten politische Initiativen zur Aufhebung des
Russland-Embargos ergriffen werden. Die Zusatzeinnahmen aus der
Milchquoten-Superabgabe der EU müssten zur Überbrückung der
Liquiditätsengpässen, die vor allem im russischen Importembargo
begründet liegen, verwandt werden. Das DBV-Präsidium hatte bereits im
Juni 2015 in einer Erklärung sehr dezidiert diese Handlungsoptionen
beraten und beschlossen.

Folgart zeigte auf, dass die heimischen Milchbauern ihre
Milchproduktion auch nicht nach dem Ende der Milchquote (1. April)
nicht erhöht hätten. Im ersten Halbjahr 2015 hätten die deutschen
Milchbauern knapp ein Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum
gemolken. Auch in der EU ist die Milchproduktion im gleichen Zeitraum
in etwa stabil geblieben (plus 0,2 Prozent). Die Erzeugerpreise seien
jedoch von 40 Cent je Liter Milch im Januar 2014 auf unter 28 Cent im
Juli 2015 abgestürzt. "Dieser massive Preiseinbruch wurde durch das
Russlandembargo sowie durch konjunkturelle Schwächen in für den
Export wichtigen Drittländern verursacht. Hinzu kommt der
Lebensmitteleinzelhandel, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird
und seine Marktmacht ausnutzt. Er fordert immer höhere Standards von




uns Bauern und setzt gleichzeitig seine Niedrigpreisstrategie fort.
Deswegen müssen gerade auch die genossenschaftlichen Molkereien ihre
Verhandlungsposition durch Strukturanpassungen und
Angebotsbündelungen verbessern", forderte Folgart.

Zur Unterstützung der Milchbauern schlug Folgart erneut die
Verwendung der Strafzahlungen des letzten Milchquotenjahres
(Superabgabe) für Exportmarketing sowie für direkte Einkommenshilfen
vor. "Die Exportoffensive muss die Erschließung neuer Märkte durch
eine Ausweitung der europäischen Absatzförderung und den Abbau
veterinärer Handelshemmnisse umfassen." Liquiditäts- und
Bürgschaftsprogramme müssten zusätzlich den Betrieben kurzfristig
Luft verschaffen. Die Landwirtschaftliche Rentenbank habe hierzu
schon ein erstes Angebot entwickelt. Auch die beantragten
EU-Direktzahlungen müssten von den deutschen Behörden unbedingt noch
vor dem Jahresende an die Landwirte ausgezahlt werden, fordert der
DBV.

Der Milchbauer und Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen,
Heinz Korte, forderte eine weitere Flankierung: "Die vom
Bauernverband seit Jahren geforderte Risikoausgleichsrücklage, die
der deutschen Landwirtschaft bisher nicht ermöglicht wurde, würde in
diesen schweren Zeiten den Milch- und Schweinehaltern bei der
Erhaltung der Liquidität ihrer Betriebe helfen", stellte Korte fest.
Auch die Auflagenflut habe enorme Folgen für die Betriebe. "Die
Düngeverordnung, neue Vorgaben zur Lagerung von Gülle und weitere
Auflagen für den Tierschutz heizen angesichts der Marktentwicklung
den Strukturwandel bei den Milchbauern an, gerade bei den kleinen und
mittleren Betrieben", kritisierte Korte.

"Bei meinen Berufskollegen auf den Höfen herrscht eine bedrückte
Stimmung. Frust und Wut wegen des massiven Preisdrucks des
Lebensmitteleinzelhandels und wegen der Flut von kostenaufwändigen
Auflagen durch die Politik von Bund und Ländern nehmen zu",
erläuterte Korte. Er erhalte derzeit mit 27 Cent je Liter Milch 10
Cent weniger als vor einem Jahr. Dies mache für seinen Betrieb mit
200 Kühen und 1,9 Millionen Kilogramm Milch einen Einnahmeverlust
aus, der sechsstellig sei. "Der Betrag fehlt uns jetzt, um
Investitionen in mehr Tierwohl oder in Verbesserungen des
Umweltschutzes zu tätigen. Jetzt gilt es kürzer zu treten", fügte
Korte an. Durch die niedrigen Milchpreise würden geschätzt rund 30
Prozent der Milchbauern große Liquiditätsengpässe haben.

Frust unter den Milchbauern erzeuge auch die augenblickliche
gesellschaftliche und mediale Diskussion und Darstellung der
Milchviehhaltung. Nach Gesprächen mit den Veterinärämtern in
Niedersachsen hätten diese den Milchbauern bescheinigt, dass in "95
Prozent der Milchviehbetriebe die Haltungsbedingungen in Ordnung
seien." Die öffentlichen Darstellungen ließen zum großen Ärgernis der
Bauern jedoch andere, falsche Schlussfolgerung zu. "Um in mehr
Kuhkomfort investieren zu können, muss mit der Milchproduktion vorher
aber auch Geld verdient worden sein. Das Marketing des Verkaufs des
Lebensmitteleinzelhandels mit "Wir lieben Lebensmittel" oder "Woran
erkennt man gute Qualität" passe nicht zur Niedrigpreisstrategie des
Einkaufs.

Trotz der aktuell schwierigen Situation in den meisten
Agrarmärkten berichtete Korte von stabilen Ausbildungszahlen. Die
Jugend sehe in der Landwirtschaft eine Zukunftsbranche und wolle als
Unternehmer tätig sein. Eindeutig abgelehnt würde ein Rückfall in
eine Agrarpolitik mit staatlich geregelten Märkten.



Pressekontakt:
Kontakt:
Deutscher Bauernverband
Dr. Michael Lohse
Pressesprecher
Tel.: 030 / 31904 240


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Datum: 30.07.2015 - 16:23 Uhr
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