(ots) - Pistorius ruft in Flüchtlingsfrage zu
bundesweitem Kraftakt auf
Niedersachsens Innenminister will neue Regeln für
Balkan-Flüchtlinge - Keine neue Dimension der Gewalt - Forderung nach
kürzerer Verfahrensdauer
Osnabrück.- Trotz Anschlägen auf Flüchtlingsheime und zunehmender
Hetze sieht Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius keine neue
Qualität rechter Gewalt. In einem Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte der SPD-Politiker, von
Terrorismus könne man in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Zwar
gebe es in Deutschland ein fremdenfeindliches Potenzial, das mit
klassischer Politik nicht erreichbar sei. Andere Kritiker der
Asylpolitik seien aber lediglich "besorgt, weil sie merken, dass wir
offenkundig ungelöste Probleme im Land haben". Bekomme die Politik
die Lage in den Griff, "würde dieser Anteil des Unmuts schnell
entfallen", sagte der Minister.
Zur Lösung rief Pistorius zu einem bundesweiten Kraftakt auf.
"Deutschland kann viel bewegen, wenn es das will. Ich erinnere an das
Konjunkturpaket. Das muss nun auch in der Frage der Flüchtlinge
geschehen, unbürokratisch, entschlossen und schnell. Denn eines
wollen wir uns doch alle nicht vorstellen: Zeltstädte, in denen in
Deutschland Menschen überwintern müssen."
Kurzfristig setzt Pistorius neben der Schaffung neuer Unterkünfte
auf neue Regelungen für Balkanflüchtlinge. "Wir können es uns nicht
erlauben, das Asylverfahren für diese Menschen so handzuhaben wie
bisher." Jeder von ihnen habe gute Gründe zu kommen. "Aber wir haben
auch gute Gründe, sie nicht anzuerkennen, wenn sie nicht politisch
verfolgt sind", sagte der Minister. Gelinge es außerdem, die
Verfahrensdauer zu verkürzen, entfalle ein finanzieller Anreiz. "Die
Menschen müssen verstehen, dass sie ärmer nach Hause kommen werden,
als sie sich auf den Weg gemacht haben", sagte der Sozialdemokrat.
Ziehe man die Balkan-Flüchtlinge rechnerisch ab, halbiere sich die
Zahl der Flüchtlinge in Deutschland.
International regte Pistorius einen UN-Gipfel an. "Fluchtursachen
werden nach wie vor nicht wirksam bekämpft, sondern Konflikte aus
Hegemonialinteressen gestützt, wenn nicht sogar geschürt", sagte er.
"Wenn das nicht aufhört, werden wir in einigen Jahren nicht von 60
Millionen Flüchtlingen weltweit reden, sondern von 100 Millionen."
Die Forderung nach einer Klarnamenpflicht, um Hetze im Internet zu
unterbinden, lehnte der SPD-Politiker ab. "So widerlich ich es auch
finde, wenn jemand an seinem Rechner zuhause aus sicherer Entfernung
fremdenfeindliche Parolen in sozialen Netzwerken postet: Ich kann mir
nicht vorstellen, dass jemand das durchsetzen kann", sagte Pistorius.
"Was wir brauchen, ist eine sich selbst entwickelnde und regulierende
Netiquette." Darüber hinaus gebe es Tatbestände wie Volksverhetzung.
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Pistorius: SPD wird mit Gabriel als Kanzlerkandidat in die
Bundestagswahl gehen
Niedersachsens Innenminister ohne Verständnis für Kieler
Merkel-Lob
Osnabrück.- Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat
keine Zweifel, dass die SPD mit ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel an
der Spitze in die Bundestagswahl im Jahr 2017 gehen wird. In einem
Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte der
Sozialdemokrat, "die SPD muss und wird einen Kanzlerkandidaten
aufstellen, und der wird Sigmar Gabriel heißen". Dass eine Mehrheit
der Parteimitglieder diesen laut einer Forsa-Umfrage in dieser
Funktion nicht haben möchte, hält der Minister für bedingt relevant.
"Wichtig ist, dass der Kandidat am Ende den Wählern gefällt." Davon
gehe er bei Gabriel aus. "Er hat Ecken und Kanten und ist kein
Politiker, der beliebig ist. Wo er auftritt, gewinnt er die Menschen
für sich, das ist erkennbar."
Dass die Erfolge der SPD in der Bundesregierung nicht zu besseren
Umfragewerten führten, erklärte sich Pistorius ähnlich wie
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig, der einen
Verzicht auf einen SPD-Kanzlerkandidaten ins Spiel gebracht hatte:
"Für mich ist es einzig erklärbar aus der hohen Beliebtheit der
Kanzlerin." Die Schlussfolgerung daraus dürfe aber nicht heißen,
"dass wir aufgeben", widersprach der Niedersachse allerdings dem
Kieler Regierungschef.
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