(ots) - Die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge auf
der Insel Kos müssen dringend verbessert werden. Angesichts der
jüngsten Eskalation der Situation fordert die internationale
Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen die griechischen Behörden, die
EU und die deutsche Regierung auf, umgehend zu handeln. Ein Team von
Ärzte ohne Grenzen leistet derzeit medizinische Hilfe beim Stadion
auf Kos. Dort haben die Behörden etwa 1.000 Menschen über Nacht ohne
Zugang zu Toiletten und Duschen festgehalten.
"Ärzte ohne Grenzen ist sehr besorgt über die Situation auf Kos",
sagt Brice de le Vingne, Leiter der für Kos verantwortlichen
Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen. "Bisher hatten wir einen
Zustand staatlicher Untätigkeit, jetzt wendet die Polizei zunehmend
Zwangsmaßnahmen gegen diese verletzlichen Menschen an. Die Mehrzahl
der Neuankömmlinge sind Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan.
Die Behörden auf Kos haben deutlich erklärt, dass sie nicht die
Absicht haben, die Situation für diese Menschen zu verbessern, weil
sie denken, das würde einen 'Pull-Faktor' darstellen. Aber Menschen,
die vor Krieg fliehen, werden weiterhin kommen, unabhängig davon, ob
die Behörden versuchen, sie aufzuhalten oder nicht."
"Deutschland und die EU dürfen Griechenland bei der Schaffung
akzeptabler Aufnahmebedingungen nicht im Stich lassen", sagt Florian
Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland.
"Darüber hinaus muss die EU endlich sichere und legale Fluchtwege
schaffen. Die Situation auf den griechischen Inseln und vor der
libyschen Küste ist nur deshalb so dramatisch, weil Europa den
Menschen auf der Flucht keine andere Wahl lässt, als in Booten die
gefährliche Reise über die Ägäis oder das Mittelmeer anzutreten."
Nach der Eskalation der Situation am Dienstag hatte die Polizei
etwa 1.000 Menschen in das Stadion an der Stadtgrenze von Kos
gesperrt, andere halten sich in der Umgebung auf. In dem Stadion mit
Kiesboden gibt es keinen Sonnenschutz, keine Duschen, fast keine
Toiletten und keine Lebensmittel. Wer konnte, kletterte über einen
Zaun, um außerhalb des Stadions Wasser und Lebensmittel für die
Familien zu kaufen. Ein Team von Ärzte ohne Grenzen hat im Stadion
von 22 Uhr bis 24 Uhr medizinische Hilfe geleistet und ist auch heute
wieder vor Ort.
Im Juli waren mehr als 7000 Flüchtlinge, Asylbewerber und
Migranten auf Kos angekommen, doppelt so viele wie im Juni. Wegen
fehlender Erstaufnahmeeinrichtungen hatten die meisten von ihnen
Zelte in den öffentlichen Parks und auf den Plätzen in der Stadt Kos
aufgeschlagen. Andere schliefen bisher nahe der Polizeistation unter
freiem Himmel, ohne Zugang zu Toiletten und Duschen. Seit April
werden den Geflüchteten keine Lebensmittel zur Verfügung gestellt.
Bis heute gibt es keinen Ort, an dem die Ankommenden empfangen und
versorgt werden, obwohl in der Stadt ausreichend Platz vorhanden
ist. Stattdessen werden die Menschen von einem Ort zum anderen
geschickt.
Am Montag und Dienstag begann die Polizei mit Aktionen, die die
Menschen aus den öffentlichen Bereichen vertreiben sollten. Sie
räumte provisorische Unterkünfte und drängte die Menschen in das
Gebiet beim Stadion. Teams von Ärzte ohne Grenzen wurden zudem
Zeugen, wie Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma den
Geflüchteten verboten, sich auf Parkbänke in der Innenstadt zu
setzen.
Am Dienstagmorgen befanden sich rund 2000 Menschen in dem Stadion,
darunter viele Familien mit Babys und Kleinkindern. Sie warteten bei
32 Grad in der prallen Sonne auf eine Möglichkeit, der Polizei ihre
Namen zu übermitteln, um sich registrieren zu lassen. Die Polizei war
mit der Menge von Menschen überfordert. Die Situation geriet außer
Kontrolle. Daraufhin setzten Polizisten Feuerlöscher ein, um die
Menschen auseinanderzutreiben.
Ärzte ohne Grenzen leistet auf Kos auch weiterhin medizinische
Hilfe im ehemaligen Hotel "Captain Elias", einem leer stehendenden,
abbruchreifen Gebäude ohne Strom, in dem Hunderte Flüchtlinge für
durchschnittlich 10 bis 15 Tage Zuflucht suchen. So lange dauert es
meist, bis sie von der griechischen Polizei registriert werden und
die Papiere erhalten, mit denen sie die Insel verlassen können. Die
meisten werden über diesen Prozess nicht ausreichend informiert.
Ärzte ohne Grenzen betreibt außerdem mobile Kliniken und verteilt
Hilfsgüter an Geflüchtete, die sich in Parks und an öffentlichen
Plätzen aufhalten.
Pressekontakt:
Interviews mit Florian Westphal und Projektmitarbeitern vor Ort (nur
Englisch) sind möglich.
Kontakt: Stefan Dold; stefan.dold(at)berlin.msf.org; Tel. 030 700 130
239; Svenja Kühnel; svenja.kuehnel(at)berlin.msf.org; Tel.: 030 700130
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