(ots) - KOMMENTAR · POSITIONSPAPIER
Grüner Nenner
Wer regiert, muss Kompromisse schließen. Mit dem Koalitionspartner
- und mit der Wirklichkeit, die sich selten an Parteitagsbeschlüsse
hält. Das kann schmerzhaft sein, zumal für die Grünen, die in der
Opposition groß geworden sind. Inzwischen regiert die Partei in neun
Bundesländern mit. Das Rendezvous mit der Realität gehört längst zum
Alltag. Bei Herzensanliegen wie dem Schutz von Flüchtlingen jedoch
tun Kompromisse weiter weh. Das belegen die teils heftigen Reaktionen
auf das Ja von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum
"Asylkompromiss" im Herbst 2014. Der Krach mit Parteigängern hat
Kretschmann andererseits noch populärer gemacht. Der Wähler schätzt
den Kompromiss mit der Wirklichkeit, oder was dafür ausgegeben wird,
mehr als den innerparteilichen. So gesehen, müsste der Schwabe wieder
die Konfrontation suchen. Doch die Vorzeichen sind andere: Im
Bundesrat müssten nun weitere grüne Länder weitere Balkan-Staaten als
"sicher" erklären wollen. Die fehlen. Schließlich: Dass das Label den
Asylzugang mindert, lässt sich nach den bisherigen Zahlen nicht
einheitlich belegen. Es lässt sich aber auch nicht ausschließen.
Daher ist der grüne Nenner für Kretschmann nicht ohne Gefahr. Bei dem
Thema treiben ihn neben der Union auch Landräte und das für
Asylverfahren zuständige Bundesamt. Gegen die Verwaltungsebene aber
ist selbst mit grünem Schulterschluss schlecht wahlkämpfen.
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