(ots) - 19. August 2015 - Der Staatssekretär im
Bundesarbeitsministerium, Jörg Asmussen (SPD), kritisiert einen weit
verbreiteten Reformstillstand in Deutschland. In einem umfangreichen
Essay für das Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 9/2015, EVT 20.
August) stellt Asmussen fest, Deutschland gefährde derzeit seine
langfristigen Wachstumschancen: "Sorgen muss einem der langfristige
Ausblick bereiten: Wir grenzen rein negativ ab, wovon wir morgen
nicht leben wollen." So lehnten die meisten Deutschen die
Atom-Energie ebenso ab wie neue Methoden der Gasförderung, die
Kohle-Energie und neue Stromleitungen, ein Freihandelsabkommen mit
den USA, die Gentechnologie und große Infrastrukturprojekte.
"Flughäfen wollen wir manchmal, aber können es offenbar nicht",
schreibt Asmussen in seinem Beitrag, den er ausdrücklich als seine
persönliche Meinung kennzeichnet.
Gleichwohl hat Asmussens Wort Gewicht, er zählt zu den wichtigsten
Beratern und Strippenziehern in der Bundesregierung. Insbesondere in
der SPD dürfte sein Beitrag für Gesprächsstoff sorgen, bemüht sich
SPD-Chef Sigmar Gabriel doch schon seit Monaten, seine Partei auf
einen wirtschafts- und reformfreundlichen Kurs einzuschwören.
Ausdrücklich verteidigt Asmussen die Sozial- und
Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre und fordert größere
Anstrengungen, um Deutschlands Wachstumspotenzial zu erhalten. Die
Digitalisierung verteidigt er gegen Kritik, sie sei eine "technische
Revolution, mit all ihrer disruptiven Kraft". In einer zweiten Phase
aber "werden dann neue und bessere Jobs entstehen", die Zahl der
Selbstständigen werde zunehmen. Darauf müsse etwa die gesetzliche
Alterssicherung reagieren und auch Selbstständige einbeziehen.
Zugleich fordert er einen Umbau "weg von starren Altersgrenzen beim
Renteneintritt hin zu einem Zeitkorridor" und räumt mit einem alten
SPD-Slogan auf: "Die Mehrheit von uns ist kein Dachdecker.
Realistisch wäre zum Beispiel, nach Erreichen einer Altersgrenze
flexibel noch einen gewissen Teil zu arbeiten und einen Teil Rente zu
beziehen."
Deutschland sei heute "eine strukturkonservative Republik
geworden, vom Spätbiedermeier ist die Rede". Dies belege auch der
Kampf der Wirtschaftsverbände um die Erbschaftsteuer. Zu oft gehe es
"ums Verteilen und Bewahren von früher Erwirtschaftetem, nicht um
Innovationen". Deutschland gehe es gut, "aber wir nehmen uns einfach
zu wenig vor und gefähren damit genau unsere Zukunft".
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