(ots) - Teams von Ärzte ohne Grenzen haben am Freitagabend
in einer Klinik im Gouvernement Aleppo vier Personen mit Symptomen
eines chemischen Giftstoffes behandelt.
Die Patienten gehörten alle zu einer Familie. Neben den Eltern
wurden ihre zwei Töchter eingeliefert. Die ältere Tochter war drei
Jahre alt, die jüngere erst fünf Tage zuvor zur Welt gekommen. Die
Familie erreichte das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen eine Stunde,
nachdem sie Kontakt mit dem Giftstoff hatte. Die Patienten hatten
Symptome wie gerötete Augen, Hautrötungen, Bindehautentzündungen und
Atemprobleme. Später bildeten sich Blasen, und die Atemprobleme
verschlimmerten sich nach etwa drei Stunden. Das Team behandelte die
Symptome und führte den Patienten Sauerstoff zu, bis sie in eine
andere Klinik für eine spezialisierte Behandlung evakuiert wurden.
Die Familie kam aus der Stadt Marea nördlich von Aleppo, die die
ganze Woche über Ziel schwerer Angriffe und von Beschuss war. Die
Patienten berichteten, dass gegen 19.30 Uhr eine Mörsergranate ihr
Haus getroffen habe. Nach der Explosion habe ein gelbliches Gas ihren
Wohnraum gefüllt. Die beiden Eltern versuchten mithilfe einiger
Nachbarn ihre Kinder zu schützen, indem sie ihre eigenen Körper über
sie legten. Dann wurden sie ins Krankenhaus von Marea gebracht, wo
sie Erste Hilfe erhielten. Da sich ihr Zustand jedoch
verschlechterte, wurden sie ins Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen
verlegt.
"Ärzte ohne Grenzen hat zwar keinen Labor-Nachweis für den
Auslöser dieser Symptome. Die klinischen Merkmale, die Entwicklung
der Symptome und die von den Patienten geschilderten Umstände deuten
jedoch darauf hin, dass sie einem chemischen Gift ausgesetzt waren",
sagt Pablo Marco, der Programmverantwortliche von Ärzte ohne Grenzen
in Syrien.
Die humanitäre Situation im Gouvernement Aleppo hat sich in der
vergangenen Zeit immer weiter verschlechtert. Bei anderen Angriffen
wurden während der vergangenen Monate mindestens elf medizinische
Einrichtungen mit Fassbomben angegriffen. Die wenigen medizinischen
Einrichtungen, die noch funktionieren, sind nicht im Stande, den
massiven Bedarf an medizinischer Hilfe abzudecken.
"Jeder Einsatz von chemischen Waffen stellt einen äußerst schweren
Bruch des internationalen humanitären Völkerrechts dar. Die
Bevölkerung leidet ohnehin schon unter der schlimmsten humanitären
Krise der vergangenen Jahre. Wir appellieren an alle
Konfliktparteien, zumindest den grundlegendsten Respekt vor dem
menschlichen Leben zu zeigen und wahllose Gewalt gegen Zivilisten zu
stoppen", so Pablo Marco.
Ärzte ohne Grenzen betreibt in Syrien sechs medizinische
Einrichtungen selbst und unterstützt mehr als 100 Krankenhäuser,
Gesundheitsposten und provisorische Kliniken. Ärzte ohne Grenzen
leistet auch syrischen Flüchtlingen in Jordanien, dem Libanon, dem
Irak und der Türkei medizinische Hilfe.
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