(ots) - Berlin, 14. September 2015. BDA-Präsident Ingo
Kramer, BDI-Präsident Ulrich Grillo, DIHK-Präsident Dr. Eric
Schweitzer und ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer erklären:
Immer mehr Menschen beantragen in den letzten Tagen und Wochen in
Deutschland Asyl. Hundertausende Menschen, denen wir zu Recht
humanitären Schutz vor Krieg, Vertreibung und politischer Verfolgung
gewähren, werden für längere Zeit oder für immer bei uns bleiben.
Daneben kommen viele Menschen, die trotz schwieriger wirtschaftlicher
Lebenslage in ihrer Heimat keine Aussicht auf Asyl haben. Flüchtlinge
haben das Recht auf ein faires, zügiges Asylverfahren und eine in
jeder Hinsicht menschenwürdige Behandlung in Deutschland. Jeder Form
von Hass, Beleidigung oder Gewalt gegen Asylsuchende tritt die
deutsche Wirtschaft entschieden entgegen.
Deutschland kann die Herausforderung nur gemeinsam mit seinen
Nachbarn schultern. Die befristete Wiedereinführung der
Grenzkontrollen ist richtig, um eine Überforderung selbst für ein gut
organisiertes Land wie Deutschland zu verhindern und die
Dringlichkeit einer europäischen Lösung deutlich zu machen. Unsere
europäischen Werte verpflichten uns, die Aufgabe wachsender
Flüchtlingszahlen als Gemeinschaft anzunehmen und zu lösen. Wir
brauchen daher kurzfristig eine abgestimmte und solidarische
europäische Asylpolitik aller EU-Mitgliedstaaten. Alle müssen nach
ihren jeweiligen Kapazitäten ihren spürbaren Beitrag leisten.
Innerhalb der Europäischen Union müssen die Lasten der Aufnahme und
Integration von Asylsuchenden deshalb schnell fairer verteilt werden.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass nicht nur Deutschland, sondern die
gesamte Europäische Union ihr Engagement bei der Bekämpfung der
Fluchtursachen verstärkt - einschließlich der Unterstützung der
Hilfsanstrengungen in den Nachbarländern von Krisenstaaten.
Auch wenn es uns gelingt, den akuten Ansturm zu bewältigen, müssen
wir uns darauf einstellen, dass Deutschland gleichwohl in den
nächsten Jahren weiterhin vor immensen Herausforderungen steht. Das
Zusammenwirken von staatlichen Entscheidungsträgern, guter
Verwaltung, tatkräftigen Betrieben und dem tausendfachen
ehrenamtlichen Engagement ist aber auch eine Chance, die Stärken
einer freiheitlichen Gesellschaft und der Sozialen Marktwirtschaft
herauszustellen. Das Asylsystem in Deutschland darf jedoch nicht
überfordert werden. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen in Bund
und Ländern Entscheidungen über Asylanträge insgesamt und
insbesondere bei Personen aus sicheren Herkunftsländern beschleunigen
wollen. Auch ist es sinnvoll und erforderlich, dass die
Regierungskoalition vereinbart hat, die Liste der sicheren
Herkunftsstaaten um Albanien, Kosovo und Montenegro zu erweitern.
Abgelehnte Asylbewerber müssen möglichst schnell in ihre
Herkunftsländer zurückgeführt und Arbeitsmigration über das
Asylsystem verhindert werden. Die Fokussierung auf tatsächlich
schutzbedürftige Asylbewerber und Flüchtlinge ist Voraussetzung für
den Fortbestand der bemerkenswerten Hilfsbereitschaft der
Bevölkerung.
Anerkannte Verfolgte, die in Deutschland bleiben, müssen
schnellstmöglich in Schulbildung, Ausbildung und Beschäftigung
kommen. Das ist der beste Weg zur dauerhaften Integration und zügigen
Beendigung des Bezugs von Sozialleistungen. A und O hierfür ist eine
frühestmögliche Vermittlung der deutschen Sprache. Deshalb muss jetzt
vor allem die Sprachförderung zügig und massiv ausgebaut werden.
Kinder und Jugendliche gilt es, frühzeitig in Schulen zu integrieren.
Kitas, Schulen, Berufsschulen und Bildungszentren müssen mit den
nötigen Ressourcen, Erziehern und Lehrkräften ausgestattet werden.
Die Politik steht in der Verantwortung, vor allem die Lasten der
Unterbringung und Integration zwischen Kommunen, Land und Bund fair
zu verteilen. Wir unterstützen daher den erklärten Willen des Bundes,
Länder und Kommunen unter anderem beim Neubau von Wohnungen und der
Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen zu unterstützen. Im
Interesse eines schnelleren Aus- bzw. Umbaus dieser Wohnungen wäre es
wünschenswert, wenn die zuständigen Behörden mit Flexibilität und
Augenmaß vorgehen.
Unternehmen, Kammern und Verbände engagieren sich in zahlreichen
Projekten zur Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und
Beschäftigung. Diese bringen enorme Herausforderungen mit sich und
sind alles andere als ein Selbstläufer. Viele Flüchtlinge sind kaum
oder gar nicht qualifiziert, etliche waren bisher sogar ohne Chance
auf Schulbildung. Selbst gut bis exzellent qualifizierte Flüchtlinge
haben in der Regel keine deutschen Sprachkenntnisse. Zugleich ist die
Einordnung der Abschlüsse und Kompetenzen von Flüchtlingen oftmals
schwierig. Gerade die kleinen Unternehmen dürfen sich daher nicht
alleingelassen fühlen und brauchen umfassende Unterstützungsangebote,
wenn der Einsatz im Betrieb erfolgreich und von Dauer sein soll. Die
Kammerorganisationen bringen ihre Erfahrungen, insbesondere bei der
Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, ein. Wichtig ist, schnell
Klarheit zu bekommen, welche Kompetenzen und Fähigkeiten Flüchtlinge
mitbringen, um erforderliche Nachqualifizierungen anbieten zu können.
Die Förderinstrumente der Arbeitsagenturen und Jobcenter müssen
allen Asylsuchenden mit Bleibeperspektive und Geduldeten zugänglich
gemacht werden. Dies gilt insbesondere für Förderleistungen der
Berufsausbildung, wie zum Beispiel die assistierte Ausbildung und
ausbildungsbegleitende Hilfen, um den Abschluss der Berufsausbildung
gezielt zu unterstützen. Wir sollten zudem kluge Erleichterungen beim
Einstieg in Ausbildung und Arbeit verabreden. Von zentraler Bedeutung
ist es, den Betrieben, die Flüchtlinge ausbilden, endlich eine
bundesweit gültige Planungssicherheit für die gesamte Dauer der
Ausbildung und eine Anschlussperspektive zu geben. Auch die noch
immer zu restriktiven Regelungen bei der so genannten Vorrangprüfung
durch die Bundesagentur für Arbeit müssen auf den Prüfstand. Sehr
erfreulich ist, dass die Koalition das nicht mehr zeitgemäße
Beschäftigungsverbot in der Zeitarbeit abschaffen will. Bei Menschen
mit ausländischen Wurzeln beobachten wir zudem einen ausgeprägten
Unternehmergeist. Daher sollten auch mögliche Potenziale von
Selbständigen berücksichtigt werden.
Für gut qualifizierte Flüchtlinge, die die engen Voraussetzungen
für einen Aufenthaltstitel zur Aufnahme einer qualifizierten
Beschäftigung in Deutschland erfüllen, sollte der direkte Zugang zu
einem Aufenthaltstitel der Fachkräftezuwanderung ermöglicht werden.
Gleichzeitig müssen die regulären Zuwanderungsmöglichkeiten für
qualifizierte Fachkräfte im Ausland bekannter gemacht und gezielt
weiterentwickelt werden. Diese können auch Fachkräften aus sicheren
Herkunftsstaaten im Einzelfall eine Perspektive in Deutschland
eröffnen. Um Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, müssen die
Rahmenbedingungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge verbessert
werden. Wir unterstützen den Beschluss der Koalitionsspitzen,
Finanzmittel der Entwicklungszusammenarbeit auf wichtige
Herkunftsländer der Flüchtlinge zu konzentrieren und die
Krisenbewältigung und -prävention auszubauen. Die deutsche Wirtschaft
trägt schon jetzt durch zahlreiche Initiativen insbesondere durch
Aufbau von Berufsbildungsstrukturen dazu bei, Perspektiven für die
Menschen in den Herkunftsländern zu schaffen.
Wir sind überzeugt, dass das hohe Maß an Hilfsbereitschaft in der
Bevölkerung und in den Betrieben aufrechterhalten und ausgebaut
werden kann. Die enormen Integrationsleistungen, die in unser aller
Interesse notwendig sind, können und wollen wir gemeinsam bewältigen.
Die deutsche Wirtschaft wird sich weiterhin - auch zusammen mit
anderen gesellschaftlichen Partnern - engagieren.
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