(ots) -
Wer sich in Deutschland für Flüchtlinge engagiert, wird häufig von
Rechten bedroht. Das geht aus Recherchen des ARD-Politikmagazins
"Report Mainz" hervor. Seit Januar 2015 gab es insgesamt 168
Vorfälle. Das bedeutet: Mindestens jeden zweiten Tag kommt es
bundesweit zu Vorkommnissen und Bedrohungen von Menschen, die sich
für Flüchtlinge engagieren. Mit diesem Hass sind sowohl Politiker,
Verwaltungsmitarbeiter, haupt- oder ehrenamtliche Helfer, Polizisten,
Journalisten bis hin zu Wachleuten konfrontiert. Es gab diverse
Brandanschläge auf Autos, Radmuttern wurden gelöst, aggressive
Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern, etliche
Morddrohungen, Schmierereien an Wohnhäusern und fiktive
Todesanzeigen. Außerdem wurde auf ein Parteibüro geschossen und eine
Scheune in Brand gesetzt.
Auffällig ist, dass in diesem Jahr die Anzahl der Bedrohungen
extrem steigen. Während es in den ersten beiden Monaten 2015 zu 12
Vorfällen kam, wurden für Juli und August 54 Vorfälle gezählt.
Insgesamt hat "Report Mainz" 85 Vorfälle im Osten und 83 Vorfälle im
Westen dokumentiert.
Ausgewertet wurden diverse verfügbare Quellen: Zeitungen,
Fernsehen, Hörfunk, Pressemitteilungen der Polizei, Schilderungen von
Opferinitiativen sowie Internetseiten von Bürgerinitiativen, die sich
für Flüchtlinge engagieren. Bei den aufgelisteten Vorfällen ist nicht
immer ein Bezug zum Engagement für Flüchtlinge direkt nachweisbar,
aber aus den Kontext-Recherchen von "Report Mainz" sehr
wahrscheinlich.
In die Gesamtzahl der Vorfälle ist auch eine Umfrage von "Report
Mainz" unter kreisfreien Städten und Landkreisen eingeflossen. Dabei
war den Kommunen zugesichert worden, ihre Angaben vertraulich zu
behandeln. Wesentliches Ergebnis dieser Umfrage: 35 Personen wurden
2015 bedroht. Dazu gehören Bürgermeister, Landräte,
Verwaltungsmitarbeiter, ehrenamtliche Helfer. Sie werden bedroht per
Telefon, mit Mails und Briefen sowie Posts bei Facebook.
Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität
Göttingen bestätigte gegenüber "Report Mainz" die eindeutige Tendenz:
"Es gibt fraglos ein Klima der Angst und Bedrohung in der
Bunderepublik für die Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen.
Dieses Klima verschärft sich auch in den letzen Monaten. Auffallend
an der gesamten Ãœbersicht ist, dass die Hemmschwellen der Gewalt
deutlich gesunken sind. Es werden hier alle Pfeiler der
bundesdeutschen Gesellschaft angegriffen, ganz gleich welcher
politischen Couleur, ganz gleich welchen Berufstandes. Es ist ein
offener Kampf gegen die Demokratie und nicht nur gegen einzelne
Repräsentanten."
"Report Mainz" hat drei Opfer rechter Bedrohungen besucht. In
Güstrow/Mecklenburg-Vorpommern hat Karen Larisch, Stadtvertreterin
(Die Linke) und ehrenamtliche Flüchtlingshelferin, seit Anfang des
Jahres bereits 20 Mal Anzeige erstattet. Mehrfach wurde sie
körperlich bedroht, im Internet finden sich Aufrufe zu ihrer
Ermordung. In Euskirchen/NRW hat Rechtsanwalt Heinrich Schmitz aus
Angst vor rechtem Hass kapituliert und wird keine politischen
Kolumnen gegen Rechts mehr verfassen. In Tröglitz/Sachsen-Anhalt wird
der ehemalige Bürgermeister, Markus Nierth, trotz seines Rücktritts
immer noch angefeindet. Seine Frau vermeidet, alleine durch den Ort
zu gehen und spricht von "offenem Hass" der Familie gegenüber.
Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.