(ots) - Ja, es gibt noch Ressentiments zwischen Deutschland
West und Deutschland Ost. Ja, es gibt noch Vorbehalte zwischen "uns"
und "denen", wobei die Definition von "wir hier" und "die dort"
naturgemäß vom jeweiligen Standort abhängt. Und ja, man kann
Beispiele finden, die belegen sollen, dass noch nicht endgültig
zusammengewachsen ist, was zusammengehört. Doch unterm Strich darf es
keine zwei Meinungen geben über die Bilanz nach 25 Jahren Einheit:
Deutschland hat die historische Chance bekommen, aus zwei Staaten
einen gemeinsamen zu formen. Und Deutschland hat diese
Jahrhundertaufgabe gemeistert. Die politischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Herausforderungen vor 25 Jahren waren enorm. Der
Eiserne Vorhang hatte nach vier Jahrzehnten seine Spuren
hinterlassen: unterschiedliche Sozialisationen, unterschiedliche
Hoffnungen und Ängste, unterschiedliche wirtschaftliche
Voraussetzungen, sicherlich auch Unterschiede im
Demokratieverständnis, zudem nicht verheilte Wunden nach persönlichen
Schicksalsschlägen, die aus der Trennung Deutschlands oder aus dem
Erlebten im Unrechtsstaat DDR resultierten. Als die Grenze fiel,
lagen sich die Menschen in den Armen, trunken vor Glück. Die
Ernüchterung kam in Schüben. Der Aufbau musste finanziert werden, die
Erwartungshaltung im Osten war riesig und konnte vielerorts nur
enttäuscht werden. Und im Westen machte sich der Eindruck breit, als
Goldesel missbraucht zu werden, um für die Sünden aus 40 Jahren DDR
herzuhalten. Fernab von der Bedeutung politischer Entscheidungen, die
in dem Vierteljahrhundert größtenteils richtig und zum Teil falsch
waren, kann ein derart komplexer Einigungsprozess nur gelingen, wenn
die Menschen ihn erfolgreich gestalten wollen. Wenn sie ihn gemeinsam
leben. Die Einheit spielt im Alltag keine Rolle mehr, was das
entscheidende Indiz für den gelungenen Prozess ist. Sie wird
eigentlich nur thematisiert, wenn ein Jubiläum ansteht. Oder wenn es
Streit um den Soli gibt. Aber auch hier wird es eine Lösung geben -
eine gemeinsame.
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