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In dieser Woche soll der Asylkompromiss beschlossen werden. Doch
vorher sorgt die Flüchtlingskrise für Streit in der Union. Bayerns
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will Deutschlands Grenzen
schließen, fordert eine Obergrenze für die Aufnahme von
Asylbewerbern. Angesichts der unkontrollierbaren Situation in den
Flüchtlingsunterkünften und des politischen Streits, der die Republik
spaltet, kritisiert Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Kurt
Biedenkopf (CDU) im Interview mit dem ZDF-Magazin "Frontal 21" am
Dienstag, 13. Oktober 2015, 21.00 Uhr, Seehofers Krisen-Rhetorik.
Die Festsetzung einer Obergrenze für die Zahl von Asylbewerbern
hält Kurt Biedenkopf für unrealistisch. "Wenn jetzt eine ganze
Bevölkerung ... anmarschiert und sagt, wir sind dabei, vor die Hunde
zu gehen, zusammengeschossen zu werden, zusammengebombt zu werden,
wir müssen hier raus, wir bitten um Asyl, da kann ich doch nicht
abzählen und sagen, jetzt ist das Boot voll. Den Rest schick' ich
zurück. Das funktioniert nicht. Da muss ich die Verfassung ändern und
muss sagen, ich bin verpflichtet Asyl zu gewähren, unter bestimmten
Bedingungen. Aber wie soll das gehen?"
Biedenkopf hält Seehofer vor, dass er mit seinen Forderungen in
der Flüchtlingsdebatte von Versäumnissen der Politik ablenken wolle.
Biedenkopf dazu wörtlich: "Das Problem ist doch nicht die Zahl der
Flüchtlinge, sondern unser völliges Unvorbereitetsein (...). Das hat
uns (...) wie eine Flut überrascht. Jetzt müssen wir so schnell wie
möglich daran arbeiten, dass wir das, was eigentlich schon längst
hätte passieren müssen, nacharbeiten. Das ist schwierig. Da müssen
wir alle (...) die Gürtel enger schnallen. Und wenn wir das tun,
werden wir großen Respekt verdienen in der Welt. Aber mit Sicherheit
nicht, wenn man, wie Herr Seehofer, jetzt einfach vom Blauen herunter
sagt, weil unsere Kommunen damit nicht zurechtkommen, ist das Boot
voll. Die "Das Boot ist voll"-Debatte hatten wir schon vor 20 Jahren,
aber es ist offensichtlich nicht untergegangen, und das Boot "Europa"
wird auch jetzt nicht untergehen."
Kurt Biedenkopf warnt aber auch: "Das Land wird jedenfalls
verändert. Und diese Veränderung ist unaufhaltsam. Es kann auch etwas
ganz anderes passieren. Es kann passieren, dass die europäische
Kultur an dieser Aufgabe scheitert, dass wir feststellen, wir haben
die Kraft nicht mehr. Immerhin haben wir 500 Jahre die Welt regiert
als Europäer, haben überall ausgebeutet, wo wir hingekommen sind,
haben eine fantastische Entwicklung gehabt, wie alle Hochkulturen,
aber alle Hochkulturen sind auch wieder abgestürzt."
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