(ots) - Gestern haben die Kölner Henriette Reker zu ihrer
neuen Oberbürgermeisterin gewählt. Das Attentat am Vortag auf die
bisherige Sozialdezernentin hat bundesweit tiefe Betroffenheit und
Erschrecken ausgelöst, selbst zahlreiche Zeitungen im europäischen
Ausland berichteten davon auf ihren Titelseiten. Diese Messerstiche
waren schließlich ein Angriff auf alle Demokraten. Reker steht
stellvertretend für unsere demokratische Grundordnung, der Täter mit
rechtsextremem Hintergrund hatte sie ganz gezielt als Opfer
ausgesucht, da sie in Köln für die Flüchtlingspolitik zuständig ist.
Nach den Erkenntnissen der Gutachter und der Staatsanwaltschaft
ist der Mann voll schuldfähig und nicht geistig verwirrt. Unbändiger
Hass auf Ausländer und Flüchtlinge haben ihn getrieben.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière wertet das Attentat denn auch
als einen weiteren Beleg für die zunehmende Radikalisierung der
Flüchtlingsdebatte. Hasserfüllte Sprache und gewalttätige Aktionen
sind mittlerweile an der Tagesordnung. Die Auseinandersetzung aber
hat nach dem Mordversuch von Braunsfeld eine neue Dimension
erreicht.
Symbolische Galgen für Kanzlerin und Vizekanzler auf einer
Pegida-Demonstration, Morddrohungen gegen den ermittelnden
Staatsanwalt und einen Bürgermeister, der sich für Flüchtlinge
einsetzt, Angriffe auf ehrenamtliche Helfer - seit Wochen ist zu
beobachten, wie das Klima immer mehr vergiftet wird. All der üble
Schund der ausländerfeindlichen Hetzkampagnen in den sogenannten
"sozialen Netzwerken" - hier greift eine Verrohung Raum, die Angst
macht.
Es kann und darf nicht sein, dass da, wo Argumente nicht mehr
zählen, Gewalt den Siegeszug antritt. Es gehören zu einer
funktionierenden Demokratie das Ringen um Kompromisse, der Austausch
verschiedener Meinungen und schließlich das Aushalten dieser
Meinungen. Respekt und Toleranz, Liberalität und Mitmenschlichkeit
bereiten den Boden für unseren gesellschaftlichen Konsens. Wer den
verlässt, muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden.
Die abscheuliche Tat von Samstag ist ein Signal für uns alle. Sie
ist geschehen direkt vor unserer Haustür, nicht irgendwo weit weg in
krisen- geschüttelten Regionen dieser Welt, in denen der Terror
regiert. Die brutale Gewalt ist bei uns angekommen - auf einem
Wochenmarkt in der Nachbarschaft. Das muss aufrütteln, darf nicht
ängstlich verzagen lassen. In unserer Gesellschaft ist vieles aus den
Fugen geraten, geht oft jegliches Maß in der Auseinandersetzung
verloren, kommt dem tradierten Wertekanon immer weniger Bedeutung zu.
Im Umgang mit der augenblicklichen Flüchtlingskrise muss unsere
Gesellschaft beweisen, dass sie stark und gefestigt genug ist, sie im
demokratischen Grundkonsens zu meistern. Rechtsextreme Demagogen
müssen demaskiert werden, mit dumpfen Sprüchen darf nicht der Gewalt
Vorschub geleistet werden. Das faire Miteinander bei aller
Unterschiedlichkeit ist die oberste Prämisse.
Politiker aus Köln und dem Land haben dies am Samstag
eindrucksvoll demonstriert. Sie haben bei gemeinsamen Veranstaltungen
in sehr emotionalen Momenten mit vielen Kölnern gezeigt, dass sie
über alle Parteigrenzen hinweg für eine wehrhafte Demokratie
zusammenstehen und sich nicht von Gewalttätern in die Knie zwingen
lassen. Das macht Mut.
Mut, den wir nicht allein von der Politik fordern dürfen. Mut, den
jeder von uns beweisen muss, wenn es gilt aufzustehen für die
Verteidigung unserer freiheitlichen Werte. Henriette Reker hat stets
für diese Werte gekämpft und dies beinahe mit dem Leben bezahlt. Ein
schrecklicher Preis. Wir wünschen ihr und allen bei dem Attentat
Verletzten, dass ihre körperlichen und seelischen Wunden schnell
heilen mögen.
Pressekontakt:
Kölnische Rundschau
Engelbert Greis
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