(ots) - Die Lage der Flüchtlinge, die in diesen Tagen auf
dem Balkan gestrandet sind, ist im Prinzip nicht anders als im
Spätsommer kurz vor der Entscheidung der Bundeskanzlerin, sie alle
nach Deutschland kommen zu lassen. Allenfalls ist sie wegen der Kälte
und Nässe noch viel schlimmer. Angela Merkel steht damit vor der
gleichen Situation. Irgendetwas muss mit diesen Menschen geschehen,
die nicht zurück und im Moment auch nicht vorwärts können. Und zwar
schnell. Anfang September hat die Kanzlerin in Telefonaten mit
Österreichs Kanzler Faymann und Ungarns Premier Orban kurzfristig
beschlossen, alle unbürokratisch nach München weiterreisen zu lassen.
Das geschah unter dem Eindruck herzzerreißender Bilder von erstickten
Opfern in Schlepper-Lastwagen und folgte einem richtigen humanitären
Impuls. Doch hat die Art, wie diese Entscheidung zustande kam,
Deutschland auch angreifbar gemacht. Jene Staaten in Europa, die sich
in der Flüchtlingskrise auf schändliche Weise fast komplett
heraushalten, haben den Alleingang dankbar als Vorlage verstanden und
Berlin die Alleinverantwortung für die Lage zugeschoben. Wenn Merkel
das bisherige Dublin-System außer Kraft setze, müsse Deutschland auch
die Folgen tragen, so die Argumentation. Jetzt handelt die Kanzlerin
klüger und lässt einen Sondergipfel einberufen. Zwar nur aller auf
der Balkanroute liegenden zehn Staaten, darunter acht EU-Länder,
sowie der EU-Kommission, aber immerhin. Nun müssen mehr
Regierungschefs in die Mitverantwortung für die verzweifelten
Menschen gehen - egal, wo sie am Ende aufgenommen werden. Und keiner
von ihnen kann mit dem Finger auf Berlin zeigen.
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