(ots) - Vier Jahre lang rätselte die Welt einst, ob in
Russland Wladimir Putin regiert oder der nominelle Präsident Dmitri
Medwedew. Kurz vor seiner Rückkehr in den Kreml ließ Putin die Katze
aus dem Sack. Selbstverständlich habe immer er allein die Fäden in
der Hand gehalten. Medwedew war nichts als eine Marionette. Ein
ähnliches Szenario zeichnet sich in Polen ab. Bei der Sejm-Wahl wird
die nationalkonservative PIS des Rechtspopulisten Jaroslaw Kaczynski
aller Voraussicht nach die Macht erobern. PIS-Chef Kaczynski selbst
jedoch strebt das Amt des Premierministers nicht an. Angeblich.
Spitzenkandidatin ist Beata Szydlo, eine kluge, aber harmlose
Platzhalterin für den notorischen Provokateur, EU- und
Deutschland-Verächter Kaczynski. Szydlo könnte Polens Medwedew
werden. Der Hintergrund des Puppenspiels ist offensichtlich. Die
Person Kaczynski ist den Wählern noch immer schwer zu vermitteln,
seit er 2006/07 als Premier den Versuch unternahm, Polen in einen
zumindest halb autoritären Staat umzubauen. Szydlo ist die Fleisch
gewordene Beruhigung in Richtung Wahlvolk. Der Trick scheint zu
funktionieren. Die Polen, die nach acht Jahren liberaler Regierungen
genug von Sparplänen, Dauerreformen und sozialen Einschnitten haben,
wollen den verkleideten Wölfen eine zweite Chance geben. Dabei
braucht es nicht viel Fantasie, sich auszumalen, wie es nach einem
PIS-Sieg weitergeht: Szydlo wird ausführen, was Kaczynski befiehlt.
Tut sie es nicht, kappt der Strippenzieher die Fäden und lässt seine
Marionette auf offener Bühne "sterben".
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de