(ots) - Zu der jüngsten Weisung von Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen, die Strukturen der Bundeswehr auf den
dauerhaften Einsatz in der Flüchtlingshilfe auszurichten, erklärt der
Bundesvorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberstleutnant
André Wüstner:
"Einmal mehr holt die Truppe die Kastanien aus dem Feuer: Nach dem
Ebola-Einsatz und der Seenotrettung im Mittelmeer ist die
Flüchtlingshilfe die nächste Tätigkeit außerhalb unseres originären
Aufgabengebietes. Wie üblich packen die Soldaten und die zivilen
Beschäftigten mit Herz und Leidenschaft an. Aber wenn wir derzeit als
eine Art ,strategische Reserve der Kanzlerin' im Inland eingesetzt
werden, erwarten wir auch, dass die entsprechenden organisatorischen
Folgerungen für die Bundeswehr gezogen werden."
Die Verteidigungsministerin sei schließlich nicht nur
Vorstandsmitglied der CDU, sagte Wüstner, sie sei auch die Inhaberin
der Befehls- und Kommandogewalt: "Damit hat sie eine ganz besondere
Verantwortung. Wir müssen verlangen, dass sie eine rote Linie
definiert: Die Unterstützungsleistungen müssen dort enden, wo sie
Ausbildung und Übung für die leider zunehmenden Einsätze gefährden!
Dabei weisen wir energisch darauf hin, dass in einer Einsatzarmee
beinahe jeder Ausbildungs- und Übungsabschnitt als ständige
Einsatzvorbereitung auf den Einsatz ausgerichtet ist. Leider kommt es
schon jetzt zu Abstrichen in der Ausbildung - und das, obwohl die
Einsatzverpflichtungen zunehmen."
Konkret fordert der BundeswehrVerband die Einleitung der
personellen Aufstockung der Bundeswehr und der sofortigen
Ersatzbeschaffung von für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung
gestellter Ausstattung. Wüstner: "Bei allem Verständnis: Es reicht
nicht, einfach ein Kontingentsystem für die Amtshilfe zu schaffen.
Auch für diesen sicherlich länger andauernden Einsatz brauchen wir
mehr Personal und Material. Es ist schizophren, wenn wir einerseits
den Feldlageraufbau im gefährlichen Irak an zivile Firmen vergeben
müssen, und andererseits als eine Art ,THW in Flecktarn' im Inland
mit Pionieren Amtshilfe beim Aufbau und Betrieb von
Flüchtlingseinrichtungen leisten. Wir benötigen die Möglichkeit, die
Personalstärke zu erhöhen, wenn wir angesichts der neuen Aufgaben
bestehen wollen, die sich aus den weltweiten Krisen und Konflikten
ergeben. Notwendig ist auch, ausscheidenden Zeitsoldaten den
schnelleren Übergang in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen und so
beispielsweise den enormen Personalbedarf von BAMF, Polizei oder
anderen zu decken."
Insgesamt, so Wüstner, sei zu allererst unverändert die Politik
gefordert: "Wir brauchen ein Konzept für die Aufnahme und Integration
von Flüchtlingen in Deutschland. Dazu ist zunächst dringend ein
Lagebild notwendig. Der Flüchtlingsstrom muss geordnet und gesteuert
werden. Die einzelnen Handlungsfelder wie beispielsweise
Arbeitsmarkt, Bildung, Sicherheit oder Wohnraum müssen in ihren
gegenseitigen Abhängigkeiten beschrieben, Ziele und Finanzierung auf
der Zeitachse definiert werden. Wer in diesem Zusammenhang von
,Haftanstalten' oder ,Internierungslagern' polemisiert, der verkennt
die Erwartungen unserer Bevölkerung an eine ernsthafte Debatte."
Der Umgang mit dieser Krise und vor allem den Ursachen müsse
zwingend ebenso Thema auf den kommenden Parteitagen sein wie die
Definition nationaler Interessen und Ziele deutscher
Sicherheitspolitik für den laufenden Weißbuchprozess. Wüstner: "Die
Politik als Ganzes ist gefordert, wenn es um die Beschreibung von
Auftrag, Aufgaben und Rahmen für die künftige Bundeswehr als eines
von vielen Instrumenten deutscher Sicherheitspolitik geht. Dabei darf
auch die nationale Krisen- und Risikovorsorge nicht weiter
sträflichst vernachlässigt werden."
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