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DBU: Bundespräsident überreichte heute in Essen höchstdotierten
Umweltpreis Europas
Bundespräsident Joachim Gauck würdigte heute die neuen
"herausragenden Empfänger" des Deutschen Umweltpreises der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt (DBU) als "Persönlichkeiten, denen wir alle
viel zu verdanken haben und die heute verdientermaßen ausgezeichnet
werden: An Ihnen richten wir uns auf." Aus den Händen Gaucks und der
DBU-Kuratoriumsvorsitzenden und Parlamentarischen Staatssekretärin im
Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, nahmen in Essen
der Klima- und Meeresforscher Prof. Dr. Mojib Latif (61, Kiel) und
der global agierende Nachhaltigkeitswissenschaftler Prof. Dr. Johan
Rockström (49, Stockholm) den höchstdotierten unabhängigen
Umweltpreis Europas in Empfang. Sie erhalten je 245.000 Euro. Den
bisher nur vier Mal von der DBU zusätzlich vergebenen und mit 10.000
Euro dotierten Ehrenpreis erhielt Prof. em. Dr. Michael Succow (78,
Greifswald) für sein lebenslanges Naturschutz-Engagement. Vor rund
1.200 Festgästen - darunter Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft und Landesumweltminister Johannes Remmel - betonte
Gauck, die drei Preisträger arbeiteten daran, "dass wir unseren
Kindern eine Welt hinterlassen, in der man frische Luft atmen, klares
Wasser trinken und von gesunden Böden ernten kann - in der also das
Selbstverständliche selbstverständlich ist". Rockström habe mit
seinem Konzept der planetaren Grenzen objektive Belastungsgrenzen der
Erde ausgerechnet und so politischen Entscheidungsträgern eine
Prioritätensetzung im Umwelt- und Naturschutz ermöglicht. Latif mache
seit Jahren darauf aufmerksam, dass unser Planet ohne intakte Ozeane
unbewohnbar werde und habe die Gabe, komplizierte Sachverhalte
einfach und nachvollziehbar darzustellen. Und Succow habe als
genialer Netzwerker des deutschen Naturschutzes im deutschen
Wiedervereinigungsjahr 1990 als stellvertretender DDR-Umweltminister
rund 4,5 Prozent der DDR-Fläche dauerhaft für den Naturschutz
gesichert und so die Grundlage für das gesamtdeutsche
Nationalparkprogramm gelegt.
Gauck betonte, dass alles, was aber für die Bewahrung und
Verbesserung der Umwelt geplant und getan werden müsse, in großen
Zeiträumen berechnet werden könne und müsse. Weil sich Effekte erst
langsam einstellten, könne eine Richtungsänderung nicht früh genug
vorgenommen werden. Ökosysteme wie das Klima oder die Böden
veränderten sich nur sehr allmählich. Es bleibe nicht ewig Zeit,
schwere und schwerste Schäden aufzuhalten. Wenn sich Veränderungen
des wirtschaftlichen oder technischen, des Produktions- oder
Verkehrsverhaltens wissenschaftlich als unabweisbar richtig erwiesen,
dann müssten sie auch politisch angegangen werden. Gauck: "So viel
Zeit, wie wir seit Beginn der Industrialisierung hatten, um das Klima
in Richtung Lebensfeindlichkeit zu verändern, so viel Zeit haben wir
für das Beenden und für die Umkehr dieses Prozesses jedenfalls
nicht." Deshalb hoffe er, dass die bald in Paris beginnende
Klimakonferenz der Vereinten Nationen "in diesem Sinn endlich das
Erforderliche in die Wege leitet". Die "Ewigkeitskosten" für den
Klimaschutz würden nach allen seriösen Voraussagen nämlich umso höher
ausfallen, je später man mit geeigneten Maßnahmen beginne. Das
Staatsoberhaupt, das die Erfolge des Strukturwandels im Ruhrgebiet
lobte und als nachahmenswert bezeichnete und auch die Renaturierung
der Emscher als national, wenn nicht gar europäisch beachtetes
Beispiel und Symbol dafür erwähnte, was man für eine radikale
Verbesserung der Umwelt tun könne, ging in seiner Rede zentral auch
auf die Notwendigkeit des Schutzes der Böden ein, die höchst
gefährdet seien. Jährlich gingen Millionen Hektar fruchtbarer Böden
weltweit verloren. Wenn die Weltbevölkerung weiter so wachse, könne
2050 jedem Menschen nur noch halb so viel Ackerland zur Verfügung
stehen wie heute. Böden müssten als wertvolles, begrenztes Gut
erkannt werden, das nur sorgsam genutzt werden dürfe.
Flächendeckende Rodungen, Versiegelung, Überdüngung und
Monokulturen hätten innerhalb kürzester Zeit fruchtbare Böden
zerstört, die in Tausenden und Abertausenden von Jahren entstanden
seien. Es sei höchste Zeit, die Aufmerksamkeit auf diese zentrale
Lebensgrundlage zu lenken. Bodenverlust müsse gebremst, die
Rekultivierung von Böden vorangebracht werden. Gerade die
entwickelten Länder müssten die ungeheure Verschwendung von
Bodenkapazität beenden, indem die Menschen wieder achtsamer mit
Lebensmitteln umgingen und deren sorglose Vernichtung beendeten. Die
Nachhaltigkeitsziele, die jüngst von den Vereinten Nationen
beschlossen wurden, dienten auch dem Schutz der Böden. Dazu gehörten
etwa die nachhaltige Forstwirtschaft und der Kampf gegen Versteppung,
Bodenverschlechterung und den Verlust der Artenvielfalt. Diese
Aufgaben müssten mit Entschlossenheit angepackt werden.
Als Mitglieder der Jury des Deutschen Umweltpreises, auf deren
Vorschlag hin das Kuratorium der Stiftung die jeweiligen Preisträger
eines Jahres auswählt, gingen Prof. Dr. Martin Faulstich,
Vorsitzender des Sachverständigenrates für Umweltfragen, und Prof.
Dr. Sabine Schlacke, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der
Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, auf die Leistungen der
Preisträger 2015 ein. Faulstich würdigte die "ähnliche Denke", von
der die Professoren Latif und Rockström geprägt seien. Beide hätten
die Arbeit des Sachverständigenrates für Umweltfragen in den
vergangenen zehn Jahren geprägt. Sie leisteten einen
"wirkungsmächtigen Beitrag", lieferten "fundamentale Einsichten" und
stünden für die Erkenntnis, dass ein unbegrenztes materielles
Wachstum nicht möglich sei, wenn die Erde begrenzt sei. In diesem
Sinne hätten Jury und DBU ein starkes Signal setzen und Wirkung
erzielen wollen vor der UN-Klimakonferenz von Paris Ende November.
Rockström stehe für die Einsicht, dass nachhaltiges Leben nur in
Grenzen möglich sei. Faulstich: "Denn mit der Natur sind keine
Tarifverhandlungen zu führen." Latif sei ein Wissenschaftler, der
Wissen schaffe, der dieses Wissen aber auch in die Breite vermittle.
Faulstich: "Sonst bleibt es im Elfenbeinturm." Dekarbonisierung und
Kohleausstieg seien ohne Alternative. Faulstich: "Die Begeisterung
der Preisträger schwappt auf uns über. Und ich hoffe, dass sie das
noch lange tut."
Auf die Leistung Succows ging Schlacke ein. Im Leben gebe es oft
Momente, in denen es darauf ankomme, die exakt richtige Entscheidung
genau dann zu treffen. Diesen "historisch einmaligen Moment" habe
Succow genutzt, als er im Jahr der deutschen Wiedervereinigung als
stellvertretender Umweltminister der DDR dafür gesorgt habe, dass 4,5
Prozent der Landesfläche der DDR unter Naturschutz gestellt worden
seien. Das sei ein "Pfund, mit dem wir heute noch wuchern können",
und das auch Auswirkungen auf die Natur-Entwicklung in
Westdeutschland gehabt habe. Succow sei geprägt von einer
außerordentlichen Liebe zur Natur. Er sei ein herausragender
Wissenschaftler, der aus seinen Erkenntnissen aber auch Konsequenzen
gezogen und gehandelt habe. Sein Credo sei, nicht die Natur vor dem
Menschen zu schützen, sondern ein Miteinander von Natur und
menschlicher Nutzung der Natur zu erreichen. Schlacke: "Dafür gebührt
Ihnen unser ganz großer Dank."
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