(ots) - Es werde "die wichtigste Konferenz der
Geschichte", die "Zeit für Reden ist vorbei". So hieß es 2009 vor der
Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Doch trotz der rhetorischen
Beschwörungen des hochambitionierten Barack Obama produzierte der
Gipfel in der dänischen Hauptstadt nur heiße Luft. Der Ausstoß von
Treibhausgasen und damit die Erwärmung der Atmosphäre erreichte
danach neue Rekordwerte. Doch weil das Leben weiter gehen muss,
nahmen Klimaretter, Politiker, Diplomaten, Wissenschaftler und
Ökonomen den Faden wieder auf, der in Kopenhagen zerrissen schien.
Globaler Klimaschutz ist ein mühseliges Geschäft. Es gilt, erhebliche
Widerstände zu überwinden, Rückschläge zu verkraften, neue Allianzen
zu schmieden und vor allem darüber nicht das große Ziel aus dem Auge
zu verlieren: Es muss der Menschheit gelingen, die von ihr selbst
verursachte Erderwärmung auf zwei Grad abzubremsen und eine halbwegs
klimaverträgliche Wirtschafts- und Lebensweise zu etablieren. Es geht
um nicht weniger als die Zukunft unserer Erde. Trotz aller
Widrigkeiten bisher, gibt es große Chancen für einen Erfolg von
Paris. Vielleicht resultiert eine Chance sogar aus dem
Veranstaltungsort selbst. Nachdem vor zwei Wochen islamistische
Terroristen in Paris mordeten, stand auch die Klimakonferenz wegen
möglicher Sicherheitsbedenken infrage. Wenn nun trotz dieser
Geschehnisse rund 160 Staats- und Regierungschefs heute sprechen und
fast 200 Staatsdelegationen zwei Wochen lang verhandeln werden, dann
ist dies bereits ein Zeichen für die neue globale Entschlossenheit,
das Klimaproblem wirklich anzugehen und die Erderwärmung zu
begrenzen. Zudem ist der Problemdruck seit Kopenhagen weiter enorm
gewachsen. Klimaveränderungen, Dürren, Überschwemmungen, ein
steigender Meeresspiegel, sind längst weltweit spürbar - und sie
werden zunehmend Flüchtlinge hervorbringen. Vielleicht mehr noch als
heutige Fluchtursachen, als Krieg und Verfolgung. Es gibt auch keine
ernstzunehmenden Wissenschaftler mehr, die die menschengemachte
Erderwärmung leugnen. Und die Zahl der Politiker, die das Mantra des
ungebremsten, energieverschwendenden Wachstums predigen, wird
kleiner. Schließlich bewegen sich die größten Produzenten von
Treibhausgasen, die USA, China und Indien, immer mehr auf einen Pfad
des Klimaschutzes zu. Nach dem Kyoto-Protokoll von 1997, das erstmals
eine Klimaschutzkonvention beschlossen hatte, war das noch anders.
Washington duckte sich weg, vor allem wegen des Drucks der "alten"
Wirtschaft, die auf Öl, Kohle und Gas setzt, aber auch der
Republikaner. Peking schließlich reklamierte für die Entwicklung
seines Milliardenvolkes weiter das Recht, die Umwelt brutal
verschmutzen zu dürfen. Dass dieser Raubbau an der Natur, die
gigantische Industrialisierung des kommunistischen Reichs der Mitte
so nicht weiter gehen kann, haben die Chinesen inzwischen offenbar
erkannt. Nicht nur wegen des beißenden Smogs über den Metropolen. Es
könnte sein, dass diesmal bisherige Klimaschutzbremser mitmachen,
statt weiterhin Sand ins Getriebe zu streuen. Einfach wird es
trotzdem nicht. Noch rund 1500 Detailfragen sowie fünf bis sechs
wirkliche "Big Points", Fragen von ausschlaggebender Bedeutung, sind
in den zwei Verhandlungswochen aus dem Weg zu räumen. Dass am Ende
noch kein wirklich völkerrechtsverbindlicher Vertrag zur jeweiligen
nationalen Reduzierung der Treibhausgase, bewährt mit Sanktionen und
Kontrollen, stehen wird, tut dem guten Anliegen der
Weltklimakonferenz keinen Abbruch. Paris muss den Zug für mehr
Klimaschutz erst einmal wieder in Gang setzen. Ein nochmaliges
Scheitern der wiederum wichtigsten Konferenz der Geschichte kann sich
die Menschheit eigentlich nicht leisten.
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