(ots) - Im Kriegseinsatz
Gestern hat das Bundeskabinett grünes Licht für den Syrien-Einsatz
der Bundeswehr gegeben. Zwar war Deutschland schon seit über einem
Jahr Teil der maßgeblich von Amerikanern und Franzosen befehligten
Anti-Terror-Koalition gegen den "Islamischen Staat". Doch
beschränkten sich die Beiträge der Bundesrepublik im Nordirak und in
Mali auf Ausbildungsmaßnahmen und Waffenlieferungen, während das
künftige Mandat auch Aufklärung und Logistik in der Krisenregion
umfasst, die Entsendung von Tornados, Tankflugzeugen und einer
Fregatte. Damit erhält das deutsche Engagement im Kampf gegen den IS
eine neue Qualität. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande
spricht offen von Krieg, weshalb es keinen Sinn macht, jetzt die
Umstände und Risiken zu verbrämen, die mit dem Marschbefehl an unsere
Soldaten verknüpft sind. Nur weil die Bundeswehr weder Bomben abwirft
noch Bodentruppen stellt, ist die Mission kein ungefährlicher
Freundschaftsdienst an der Seite des von blindwütigen Gotteskriegern
attackierten Nachbarn. Es handelt sich vielmehr um einen ziemlich
robusten Auftrag, der jederzeit in eine unmittelbare Verstrickung in
Kampfhandlungen münden kann. Mit anderen Worten: Die schwarz-rote
Koalition schickt die Bundeswehr in den Krieg gegen eine Terrormiliz,
die nach dem Urteil von Experten allein auf dem Schlachtfeld in
Syrien nicht zu besiegen ist. Nun ziehen die Kanzlerin und ihre
verantwortlichen Minister keineswegs mit Hurra in dieses Gefecht.
Angela Merkel hat Frankreich nach den Anschlägen von Paris "jedwede
Unterstützung" versprochen, und Paris wäre mit weniger als einem
bedeutenden militärischen Beitrag Deutschlands nicht zufrieden
gewesen. Soviel Solidarität sind wir unserem wichtigsten Verbündeten
in Europa einfach schuldig. Nebenbei: Es wäre schön, wenn auch unsere
EU-Partner dasselbe Maß an Gemeinsinn in anderen Fragen aufzubringen
bereit wären. Freilich wirft die Entscheidung für den Kriegseinsatz
in Syrien ernste Fragen auf, die im Bundestag unbedingt zur Sprache
kommen sollten, bevor dort über das Mandat abgestimmt wird:
angefangen bei den völkerrechtlichen Grundlagen, die nicht
zweifelsfrei sind, über die berechtigte Sorge, dass ein bewaffneter
Feldzug gegen den Terror zumeist die potenzielle Zahl von Attentätern
und damit die Anschlagsgefahr auch in Deutschland erhöht, bis zu den
gleicher Maßen schmerzhaften wie kostspieligen Erfahrungen aus den
Kriegen im Irak, in Afghanistan und Libyen. Offen ist bis zur Stunde
vor allem die zentrale Frage: Wer verfügt über ein einleuchtendes,
effizientes und nachhaltiges Gesamtkonzept, das zur militärischen
Ausschaltung der IS-Kommandostrukturen ebenso wie zur politischen,
wirtschaftlichen und ideologischen Eindämmung des islamistischen
Terrors führt? Dieser asymmetrische Krieg wirkt aus westlicher
Perspektive wie eine Offensive ohne Strategie, bestritten von einer
multinationalen Allianz, die zwar vom gemeinsamen Siegeswillen
getragen wird, aber nicht von übereinstimmenden Interessen - wie denn
auch? Russland und die Türkei, Saudi Arabien und der Iran, die
Amerikaner und die Europäer verfolgen geopolitisch unterschiedliche,
teilweise sogar gegensätzliche Ziele in dieser Region. Das alles
wiegt schwer und steht einer militärischen Intervention mindestens so
lange entgegen, wie diese als bloßer Selbstzweck erscheint, als
Signal von Vergeltung und Symbol der Entschlossenheit.
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Ulrike Sosalla
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