(ots) - Es ist noch viel zu früh, um das Pariser
Klima-Abkommen von 196 Staaten als "historisch" zu bewerten. Die
Menschheit wird erst in einigen Jahrzehnten wissen, ob die
gefährliche Erderwärmung wirklich begrenzt werden konnte. Auf jeden
Fall aber ist die Welt mit Paris nun um eine neue und begründete
Hoffnung reicher. Die Umsetzung dessen, was im weltweiten Klimapakt
steht, ist nun die eigentliche, die gigantische Herausforderung. Und
zwar für die gesamte Menschheit. Auch der Pariser Klimagipfel stand,
wie schon der gescheiterte Vorgänger von Kopenhagen 2009, unter
erheblichem Erwartungsdruck. In der französischen Hauptstadt wurde
endlos lange und hart verhandelt. Diesmal jedoch in Gestalt des
französischen Außenministers Laurent Fabius mit einem gewieften
Vorsitzenden. Anders als vor sechs Jahren in Dänemarks Hauptstadt ist
inzwischen auch der Handlungsdruck noch spürbarer geworden. Der
Klimawandel ist längst keine Erfindung von Wissenschaftlern mehr,
sondern bittere Realität. Der Meeresspiegel steigt und beginnt, die
ersten Inseln zu überfluten. Den Rückgang der Gletscher kann jeder in
den Alpen in Augenschein nehmen, ebenso wie die Häufung von
Unwettern, von verheerenden Stürmen, Starkregen einerseits und auf
der anderen Seite von extremen Hitzeperioden und Dürren. Dass das
Weltklima, das sich über Tausende von Jahren in einem dynamischen
Gleichgewicht eingependelt hat, aus den Fugen geraten ist, leugnet
heute kein verantwortungsbewusster Politiker mehr. Anders als in
Kopenhagen ist in Paris die Gruppe der "Willigen" um die USA, China,
Indien, Brasilien und viele andere Entwicklungsländer angewachsen.
Und die reichen Industrieländer, angeführt von der EU und dem
Klima-Primus Deutschland, haben erkannt, dass sie tiefer in die
Tasche greifen müssen, um den nicht so entwickelten Ländern
Klimaschutzmaßnahmen zu ermöglichen. Die Erkenntnis greift weiter um
sich, dass Klimaschutz zwar nicht alles, doch ohne Klimaschutz alles
nichts ist. Und in der Wirtschaft wird Klimaschutz immer mehr als
eine Quelle von Innovationen und als wichtiger Zukunftsmarkt
anerkannt. Der von Smog in seinen Riesenstädten geplagte Umweltsünder
China etwa baut jedes Jahr so viele Solarstromanlagen dazu, wie es in
Deutschland gibt. Vielleicht war es auch der Geist des Ortes Paris,
das vier Wochen zuvor einen blutigen Terroranschlag erleiden musste,
der die Teilnehmer zu Ernsthaftigkeit und Konstruktivität mahnte. So
viel Rückenwind für ein wirkliches Klimaschutzabkommen war jedenfalls
noch nie. Freilich werden nach dem weltweiten Jubel über das Abkommen
auch die zahlreichen Widerhaken und Unwägbarkeiten des Vertrages
zutage treten. Die Schwellenländer konnten wohl auch deshalb
zustimmen, weil ihnen eingeräumt wird, bis 2030 die Emissionen noch
weiter anschwellen zu lassen. Danach müssen die Reduktionen aber noch
viel kräftiger ausfallen. Um das richtige, aber höchst ambitionierte
Ziel, weniger als zwei Grad Erderwärmung bis zum Jahr 2100, zu
erreichen, sind die vorliegenden Selbstverpflichtungen der Länder
indes noch viel zu gering. Auch ist der Überprüfungsmechanismus viel
zu allgemein und vage ausgefallen. Und Sanktionen schließlich für
Nationen, die ihre Ziele nicht erreichen gibt es nicht. Der
Klimavertrag setzt auf den guten Willen der Regierungen und auf
öffentlichen nationalen und internationalen Druck. Eine Nagelprobe
auf die Verbindlichkeit des neuen Klimavertrages dürften schon bald
die USA liefern. Machten die Republikaner ernst mit ihrer
Ankündigung, den Vertrag im Falle eines Sieges bei den
Präsidentschaftswahlen Ende 2016 zu schreddern, wäre dies ein böser
Rückschlag für die Hoffnungen, die nun in Paris geweckt wurden.
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