(ots) - Der Begriff "Rechtsstaatsmechanismus" lässt
bereits das ganze Dilemma aufscheinen, in dem die EU in ihrem
Konflikt mit Polen steckt. Auf der einen Seite steht die komplizierte
Staatenunion mit ihrer Tradition der demokratischen Grundwerte. Auf
der anderen Seite steht eine machtgierige Regierung, die derb und
skrupellos handelt. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski bevorzugt den
Vorschlaghammer. Derzeit prügelt er auf die Grundmauern der jungen
polnischen Demokratie ein. Innerhalb von nur sechs Wochen ist es der
PiS gelungen, das Verfassungsgericht zu entmachten und die
staatlichen Medien in Propagandainstrumente der Regierung zu
verwandeln. EU-Kommissar Günther Oettinger will dagegen "den
Rechtsstaatsmechanismus aktivieren". Konkret bedeutet das, dass die
Kommission Briefe nach Warschau schicken wird, in denen sie
Änderungen an beschlossenen Gesetzen anmahnt. Werden diese Bedenken
ignoriert, droht im äußersten Fall der Entzug des Stimmrechts in
EU-Gremien - eine Sanktion, die von EU-Politikern als "Atombombe"
bezeichnet wird, sprich: als Waffe, die niemand einsetzen will (und
wird). Selbstverständlich ist es richtig, so zu handeln, wie
Oettinger dies vorschlägt. Die EU muss mit den unzulänglichen Mitteln
kämpfen, die ihr zur Verfügung stehen. Doch was von alledem wird in
der polnischen Öffentlichkeit ankommen? Im besten Fall wenig. Im
schlimmsten Fall wird ein neues, national gesinntes Kaczynski-Polen
im Verein mit Brexit-Briten und Le-Pen-Franzosen den Vorschlaghammer
nutzen, um auf die Grundfeste der EU einzuprügeln. Das marode Gebäude
dürfte kaum lange standhalten.
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