(ots) - Der Rauch der Silvesternacht ist längst nicht
verzogen. Einige Schleier haben sich gelichtet, aber der Blick ist
nicht frei auf das, was einer großen Zahl von Frauen in diesen
verheerenden Stunden passiert ist. Das ist schlimm vor allem für die
Opfer, die nun mit den Folgen leben müssen. Schaden richtet es aber
auch für das Klima im Land an. Denn wo Fakten fehlen, stehen die
Schleusen für Vorverurteilungen und Hysterie weit offen. Für Häme im
Netz sowieso.
Die Forderung nach einer harten Antwort des Rechtsstaates ist von
allen Seiten zu hören. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft will
die "konsequente Abschiebung". Und zwar unabhängig von der Herkunft.
Unabhängig von der Herkunft? Wie denn sonst. Die Rufe nach der
starken Hand des Staates und - natürlich - schärferen Gesetzen
suggerieren, dass es keine klare rechtliche Handhabe gibt. Das ist
falsch. Es ist gesetzlich klar geregelt, wer in Deutschland
Aufenthaltsschutz genießt und wer diesen Schutz verwirkt hat. Das
Ausweisungsinteresse des Staates überwiegt das Bleiberecht bei
Delikten, die mit einem Strafmaß von über zwei Jahren geahndet
werden. So steht es im Aufenthaltsgesetz des Bundes.
Voraussetzung ist aber der Nachweis einer Tat. Zu befürchten ist,
dass dieser Nachweis in Köln nicht zu führen ist, im schlimmsten Fall
in keinem einzigen Fall. Weil die geschädigten Frauen ihre Haut
retten mussten und sich keine Gesichter einprägen konnten, weil die
mutmaßlich organisierten Gruppen im Schutz der Dunkelheit den
Verbrechen nachgegangen sind. Auch wenn es manchmal schwer
auszuhalten ist: In einem Rechtsstaat darf es keine Verurteilung
geben ohne eine zweifelsfreie Beweisführung.
Schwer auszuhalten ist auch mancher Kommentar, vor allem im
Internet. In den oft gar nicht sozialen Netzwerken sind Flüchtlinge
und Migranten schnell in der Schusslinie. Hier zählt das Argument
nichts, aber das schnelle Urteil alles. Und am Wege lagern schon die
Pegida-Aktivisten, die den Volkszorn dankbar ventilieren in die
nächste Entrüstungsdemonstration. In Köln ist sie für Samstag
angekündigt. Pegida auf den Spuren von Hogesa. Es schaudert einen.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sieht sich zum
Beginn ihrer Amtszeit enormen Herausforderungen gegenüber. Und Kübeln
voller Häme, die sich nach ihrer "Armlängen"-Äußerung über sie
ergossen haben. Geschickt war das nicht, nur auch nicht skandalös.
Aber für einen kurzen Klick ist im Netz keine Äußerung zu billig und
keine Photoshop-Montage zu abwegig. Das Problem ist nur: Der Sache
wird man damit nicht gerecht. Und den betroffenen Frauen auch nicht.
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Kölnische Rundschau
Raimund Neuß
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