PresseKat - Syrien: 23 Hungertote in Gesundheitszentrum von belagerter Stadt Madaja

Syrien: 23 Hungertote in Gesundheitszentrum von belagerter Stadt Madaja

ID: 1306191

(ots) - In der belagerten Stadt Madaja in Syrien sind in
dem von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Gesundheitszentrum seit
Anfang Dezember 23 Menschen verhungert. Etwa 20.000 Einwohner sind
durch die Belagerung durch syrische Regierungstruppen von
lebenswichtiger Versorgung abgeschnitten. Ärzte ohne Grenzen begrüßt
Berichte, nach denen die syrische Regierung Lebensmitteltransporte in
das Gebiet erlauben will, drängt jedoch auch auf eine sofortige
Versorgung mit lebensrettenden Medikamenten. Die internationale
Hilfsorganisation fordert zudem, die medizinische Evakuierung von
Kranken zu erlauben.

Von den 23 Toten sind 6 Babys unter einem Jahr und 5 Personen über
60 Jahren. Die übrigen 12 Verstorbenen waren zwischen 5 und 60 Jahren
alt. Dies zeigt, dass alle Altersgruppen und beide Geschlechter vom
Hungertod betroffen sind - ein alarmierendes Zeichen für die
Patienten, die derzeit behandelt werden, sowie für alle Bewohner, die
seit Monaten kaum etwas zu essen haben.

"Madaja ist ein Beispiel dafür, welche Folgen eine Belagerung als
militärische Strategie hat", sagt Brice de le Vingne, Leiter der
Programmabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel, von wo aus
Projekte in Syrien koordiniert werden. "Seit der Belagerungszustand
der Stadt verschärft wurde, haben die Ärzte, die wir dort
unterstützen, kaum noch Medikamente. Die Zahl der hungernden und
kranken Patienten steigt indes immer weiter. Ärzte greifen auf
medizinischen Sirup zurück, um schwer mangelernährte Kinder zu
füttern, weil dieser die einzige zur Verfügung stehende Zucker- und
Energiequelle ist. So verbrauchen sie jedoch die wenigen noch
vorhandenen Medikamentenvorräte noch schneller. Um zu verhindern,
dass sich die katastrophale Lage in Madaja weiter zuspitzt, müssen
neben der Verteilung von Nahrungsmitteln die Vorräte an Medikamenten




dringend aufgestockt und kranke Patienten sofort evakuiert werden."

Syrische Regierungstruppen belagern die Stadt Madaja nahe der
Grenze zum Libanon seit Juli 2015. Am 18. Oktober gab es eine
einmalige Lebensmittelverteilung, seitdem besteht eine totale
Blockade. Madaja ist das Extrembeispiel einer Belagerung, wie es sie
in vielen Teilen Syriens gibt und die sowohl von der syrischen
Regierung als auch von der bewaffneten Opposition als
Militärstrategie eingesetzt wird. Ärzte ohne Grenzen fürchtet, dass
es in weiteren belagerten Gebieten zu ähnlichen Situationen kommen
könnte. Die Organisation unterstützt seit August 2015 medizinische
Einrichtungen sowie eine Stelle zur Verteilung von Nahrungsmitteln in
Madaja.

"Madaja ist ein Freiluftgefängnis für rund 20.000 Menschen,
darunter Säuglinge, Kinder und Ältere. Es gibt keinen Weg hinein oder
hinaus, die Bewohner sind dem Tod geweiht", sagt de le Vingne. "Die
Mediziner, die wir unterstützen, haben uns von Menschen berichtet,
die von Kugeln und Landminen verwundet oder getötet wurden, als sie
versuchten, die Stadt zu verlassen. Die Lage ist so verzweifelt, dass
es am Mittwoch bei der Ausgabe der allerletzten verfügbaren
Lebensmittel, die eigentlich für die schwächsten Personen gedacht
waren, an der von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Verteilungsstation
zu Ausschreitungen gekommen ist."

Ärzte ohne Grenzen ist auch um das medizinische Personal in Madaja
besorgt, das unter untragbaren Bedingungen arbeitet. Die
Nahrungsmittelengpässe verschärfen die ohnehin große medizinische
Not. Die Helfer brauchen dringend Nachschub an lebenswichtigen
Medikamenten.

In der bergigen Region Madajas liegen die Temperaturen zurzeit
unter dem Gefrierpunkt. Kranke können sich in dieser Kälte schlechter
erholen. Hilfslieferungen müssen unbedingt auch Heizöl enthalten,
auch da die Menschen auf der Suche nach Feuerholz in der Umgebung
riskieren, erschossen zu werden oder auf eine Landmine zu treten.



Pressekontakt:
Stefan Dold, 030 700 130 239, stefan.dold(at)berlin.msf.org; Svenja
Kühnel, 030 700 130 230, svenja.kuehnel(at)berlin.msf.org;
www.aerzte-ohne-grenzen.de, Twitter: (at)msf_de


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Datum: 08.01.2016 - 11:06 Uhr
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