(ots) - In Sippenhaft
Es ist wenige Wochen her, da tourte Ministerpräsident Winfried
Kretschmann noch mit der klaren Botschaft durchs Land: Angeblich
einfache Lösungen und Hysterie seien in der Flüchtlingskrise fehl am
Platz, stattdessen komme es auf vernünftiges Regieren an. Dass seine
Regierung nun ein "Maßnahmenbündel Nordafrikaner" schnürt, mit dem
die "auffällige" und "problematische Klientel" künftig "an wenigen
Standorten im Land konzentriert" werden soll, klingt nicht nur in der
Wortwahl für eine grün-rote Regierung irritierend: Hätte die CSU vor
Jahresfrist solcherlei gefordert, wären die Grünen die ersten
gewesen, die das als Diskriminierung gegeißelt hätten - und das
durchaus zu Recht. Es mag zwar gute Gründe geben, Asylbewerber, die
kaum eine Bleibeperspektive haben, in den Erstaufnahmestellen zu
belassen. Und ja, an gewaltsamen Vorfällen in Unterkünften sind
gerade Algerier wirklich überproportional vertreten. Dennoch geht es
zu weit, ganze Ethnien dafür in Sippenhaft zu nehmen. Vor allem
stellt sich die Frage, ob Grün-Rot im Bestreben, Tatkraft zu
demonstrieren, hier nicht genau eine der viel gescholtenen
"Scheinlösungen" präsentiert. Es geht um eine kleine Gruppe von 730
Menschen - vergangenes Jahr kamen über 100 000 Flüchtlinge nach
Baden-Württemberg. Wer suggeriert, mit der aufgeregten Debatte um
Nordafrikaner in der Flüchtlingskrise entscheidend voranzukommen,
weckt falsche Hoffnungen.
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