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Jemen: Wiederholte Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen -Ärzte ohne Grenzen fordert unabhängige Untersuchung

ID: 1312463

(ots) - In den vergangenen drei Monaten wurden
Gesundheitseinrichtungen von Ärzte ohne Grenzen im Jemen dreimal
angegriffen. Dies stellt eine völlige Missachtung des Völkerrechts
gemäß der Genfer Konventionen dar. Der Zugang zu einer
Gesundheitsversorgung für die vom Krieg betroffenen Menschen muss
garantiert werden, fordert die Organisation.

"Die Art und Weise, wie der Krieg im Jemen geführt wird,
verursacht enormes Leid und zeigt, dass die kriegsführenden Parteien
den geschützten Status von Krankenhäusern und medizinischen
Einrichtungen nicht anerkennen oder respektieren", sagt Raquel Ayora,
Leiterin der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Barcelona.
"Wir erleben die verheerenden Konsequenzen täglich, die dies für die
Menschen hat, die in den Konfliktzonen eingeschlossen sind." Seit
Beginn des Krieges im März 2015 werden öffentliche Orte massiv
bombardiert und beschossen. "Nichts wird verschont, nicht einmal
Krankenhäuser, obwohl medizinische Einrichtungen explizit vom
humanitären Völkerrecht geschützt sind", betont Ayora.

Während Ärzte ohne Grenzen im Jemen medizinische Hilfe leistete,
wurde die Organisation in weniger als drei Monaten viermal
angegriffen. Jeder Vorfall war ernster, als der vorherige. Der erste
Angriff fand am 26. Oktober 2015 statt, als Kampfjets der von
Saudi-Arabien angeführten Koalition ein Krankenhaus im Bezirk Haydan
in der Provinz Saada mehrfach bombardierten. Eine mobile Klinik von
Ärzte ohne Grenzen wurde am 2. Dezember im Stadtbezirk Al Houban in
Taiz bei einem Luftangriff getroffen, bei dem acht Menschen verletzt
wurden, darunter zwei Mitarbeiter der Organisation. Ein Mensch kam
dabei ums Leben. Am 10. Januar dieses Jahres wurde das von Ärzte ohne
Grenzen unterstützte Shiara-Krankenhaus angegriffen. Bei dem Vorfall
kamen sechs Menschen ums Leben, mindestens sieben wurden verletzt,




die meisten von ihnen gehörten zum medizinischen Personal oder waren
Patienten. Am 21. Januar wurde ein Krankenwagen der Organisation bei
einer Reihe von Luftangriffen im Regierungsbezirk Saada getroffen.
Dabei kamen der Fahrer des Wagens und sechs weitere Menschen ums
Leben, Dutzende wurden verletzt. Für keinen der Vorfälle hat Ärzte
ohne Grenzen bisher eine offizielle Erklärung erhalten.

"Wir beobachten immer öfter, dass Angriffe auf medizinische
Einrichtungen heruntergespielt und als "Fehler" oder "Versehen"
bezeichnet werden", sagt Ayora. "Erst vergangene Woche behauptete der
britische Außenminister, das Königreich Saudi Arabien habe das
humanitäre Völkerrecht im Jemen nie vorsätzlich gebrochen. Dies
impliziert aber, dass es tolerierbar ist, wenn ein von Rechts wegen
geschütztes Krankenhaus versehentlich bombardiert wird. Das ist eine
abstoßende und unverantwortliche Logik."

Ärzte ohne Grenzen fordert eine unabhängige Untersuchung des
Angriffs auf das Shiara-Krankenhaus durch die Internationale
Humanitäre Ermittlungskommission (IHFFC). Ärzte ohne Grenzen hatte
diese Kommission bereits angerufen, nachdem das Krankenhaus der
Organisation im afghanischen Kundus von der US-Armee bombardiert
worden war. Ärzte ohne Grenzen wartet nach wie vor auf eine
offizielle Antwort der US-Regierung, ob sie einer unabhängigen
Untersuchung zustimmt oder nicht. Die IHFFC stellt die einzige
Instanz dar, die speziell zur Untersuchung möglicher Verletzungen des
humanitären Völkerrechts gemäß den Genfer Konventionen geschaffen
wurde.

"Innerhalb von vier Monaten wurden vier unserer medizinischen
Einrichtungen im Jemen und in Afghanistan angegriffen", sagt Joanne
Liu, internationale Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. "Ist das von
jetzt an die Normalität: ein bombardiertes Krankenhaus von Ärzte ohne
Grenzen pro Monat? Wie viele andere Krankenhäuser werden im Jemen und
anderen Konfliktgebieten noch angegriffen, ohne dass das medizinische
Personal dort die Möglichkeit hat, dies öffentlich zu machen, so wie
Ärzte ohne Grenzen das tun kann? Wir weigern uns zu akzeptieren, dass
dies so weitergeht, ohne dass irgendjemand dafür zur Rechenschaft
gezogen wird. Wir brauchen unbedingt die Garantie aller
Kriegsparteien, dass funktionierende Krankenhäuser niemals ein
legitimes Angriffsziel sein werden."

Ärzte ohne Grenzen ist im Jemen in den Gouvernements Aden,
Al-Dhale´, Taiz, Saada, Amran, Hajjah, Ibb und Sana'a im Einsatz.
Seit Beginn der aktuellen Krise im März 2015 haben die Teams der
Organisation mehr als 20.000 Kriegsverletzte behandelt und mehr als
790 Tonnen medizinisches Material ins Land gebracht. Ärzte ohne
Grenzen betreibt im Jemen elf Krankenhäuser und Gesundheitszentren
und unterstützt weitere 18 Gesundheitszentren. Da das jemenitische
Gesundheitssystem kaum noch funktioniert, stellt Ärzte ohne Grenzen
im Jemen auch eine medizinische Grundversorgung zur Verfügung.



Pressekontakt:
Christiane Winje, 030 700 130 240, christiane.winje(at)berlin.msf.org;
www.aerzte-ohne-grenzen.de, Twitter: (at)msf_de


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Datum: 25.01.2016 - 12:30 Uhr
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