(ots) - Die Führung der Polizeidirektion Kiel und hochrangige
Vertreter der Staatsanwaltschaft Kiel haben sich Anfang Oktober 2015
darauf verständigt, Flüchtlinge ohne Ausweispapiere oder behördliche
Registrierung bei "einfachen/niedrigschwelligen Delikten" wie
Ladendiebstahl und Sachbeschädigung regelmäßig nicht strafrechtlich
zu verfolgen. Das geht aus einem internen Polizeiprotokoll vor, über
das die "Kieler Nachrichten" (Donnerstagsausgabe) berichten. Am 7.
Oktober gab es dem Papier zufolge eine "gemeinsame Erörterung" von
Polizeidirektion Kiel und Staatsanwaltschaft "hinsichtlich des
Umgangs mit strafrechtlich auffälligen Flüchtlingen, deren
rechtmäßige Personalien nicht eindeutig feststehen". Es wird
festgestellt, dass es bereits zu diesem Zeitpunkt "Probleme in der
polizeilichen Praxis" bei straffälligen Flüchtlingen gegeben hat, die
nicht im Besitz eines Personaldokuments waren und nicht durch das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) registriert wurden. Es
sei "regelmäßig problematisch" zu beurteilen, ob "strafprozessuale
Maßnahmen" bei einfachen Straftaten wie zum Beispiel Ladendiebstahl
erforderlich seien. Solange es keine landesweite Regelung gebe,
richte man sich "vorläufig" nach folgenden Leitlinien, heißt es
wörtlich: "Ein Personenfeststellungsverfahren oder
erkennungsdienstliche Behandlung scheidet in Ermangelung der
Verhältnismäßigkeit und aus tatsächlichen Gründen (Identität kann
nicht zeitgerecht festgestellt werden...)" bei einfachen Delikten wie
Ladendiebstahl und Sachbeschädigung "regelmäßig aus". Es sei denn,
ohne Einsatz eines Dolmetschers gebe es Hinweise auf den
Unterbringungsort des Flüchtlings. Bei "höherwertigen Straftaten
(Faustregel: ab Körperverletzung und besonders schwerer Fall des
Diebstahls)" sei Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft zu halten.
Bauchrowitz werde eine Initiative für eine landesweite Regelung auch
in Richtung Landes-Innenministerium starten, heißt es weiter in dem
Papier vom Oktober. Ein Ministeriumssprecher lehnte am Mittwochabend
jeden Kommentar ab und verwies auf die Polizeidirektion Kiel. Auch
Bauchrowitz' Behörde beantwortete eine Anfrage nicht. Der
Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft der Polizei, Karl-Hermann
Rehr, äußerte sich bestürzt. "Diese Weisung ist die Resignation des
Rechtsstaates. Polizei unterliegt dem Strafverfolgungszwang, der hier
ausgesetzt wird."
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