(ots) - Das Großmaul gibt sich nach dem Diktum der
Wähler in Iowa ungewohnt kleinlaut. Donald Trump blieb nach dem
blamablen zweiten Platz nicht viel anderes übrig. Einsilbig fiel
seine Rede vor den enttäuschten Anhängern aus. Statt morgendlicher
Telefon-Interviews auf den großen Fernsehkanälen herrschte am Tag
nach den ersten Vorwahlen ungewohnte Funkstille. Auf Twitter stoppten
schadenfrohe Gegner, wie lange der Rechtspopulist schwieg. Mehr als
fünfzehn Stunden gab es kein Trump-Gezwitscher. Seine deutliche
Niederlage gegen Ted Cruz im Duell der Rechtsaußen zeigte die Grenzen
seines Appeals auf. Trump mobilisierte unbestritten neue Wähler, die
sich bisher nicht am politischen Prozess beteiligten. Aber nicht
genug, um die von Cruz sorgfältig kultivierte Basis an evangelikalen
Fundis zu überwinden. Am schmerzhaftesten dürfte der Verlust des
Sieger-Nimbus sein. Der Mann, der Amerika verspricht, zu siegen bis
es langweilig wird, verlor den ersten echten Stimmungstest an der
Wahlurne. Der Polit-Neuling unterschätzte wie wichtig in einem
Caucus-Staat wie Iowa die Organisation auf der Mikroebene ist. Es
reicht dort nicht Kundgebungen mit grölenden Anhängern zu füllen.
Diese müssen am Ende auch bei den Parteiversammlungen auftauchen. Aus
der Schlappe lässt sich umgekehrt nicht ableiten, dass Trumps
Botschaft keine Resonanz fand. Das düstere Versprechen, eine Mauer an
der Südgrenze zu Mexiko zu bauen, gehört heute zum Repertoire vieler
Republikaner; wie auch die Hetze gegen illegale Einwanderer und
Muslime keine exklusive Domäne des Rechtspopulisten ist. Das gilt
insbesondere für Ted Cruz, der sie stilistisch anders vorträgt, aber
nicht minder radikal ist. Der Zelot aus Texas gilt als unnachgiebiger
Hüter der reinen konservativen Lehre. Ginge es nach ihm, stünden alle
Abtreibungen ohne Ausnahmen unter Strafe, liefen alle Amerikaner
bewaffnet herum und wäre die Gesundheitsreform Präsident Obamas
widerrufen. Das überraschend starke Abschneiden Marco Rubios gibt nur
bedingt Anlass zur Hoffnung auf eine moderate Alternative bei den
Republikanern. Der Senator aus Florida könnte zwar die bisher
zersplitterte Opposition zu Cruz und Trump hinter sich einen. Ob das
am Ende reichen wird, deren Nominierung zu verhindern, bleibt dagegen
fraglich. Zudem überholt der Senator Cruz und Trump in der Außen- und
Sicherheitspolitik auf dem rechten Flügel. Sein Hang zum
Interventionismus lässt befürchten, dass er aus den Fehlern der
Vergangenheit wenig gelernt hat. Erstaunlicherweise geben sich Cruz
und Trump beim Einsatz amerikanischer Militärmacht sehr viel
zurückhaltender. Der nüchterne Befund des Wahltags in Iowa zeigt,
dass alle Mitte-Rechts-Kandidaten der Republikaner zusammen nicht
mehr als auf ein Drittel der Stimmen kommen. So gesehen haben die
Wutbürger des Mittleren Westens dem Establishment in Washington
gleich zweifach den Mittelfinger gezeigt. Einmal mit Cruz, das andere
Mal mit Trump. In gewisser Weise findet sich diese Stimmung auch bei
den Demokraten, die in Iowa ein weiteres Mal ihr Unbehagen mit
Hillary Clinton signalisierten. Die Weiter-So-Kandidatin verkörpert
wie niemand sonst das Establishment der demokratischen Partei. Dass
sie in der Wahlnacht gleichauf mit einem selbsterklärten Sozialisten
lag, lässt auch bei den Demokraten ein längeres Rennen um die
Nominierung erwarten. Trotz Enthusiasmus-Lücke hält Hillary die
besseren Karten in der Hand, weil sie praktisch über den Rückhalt der
gesamten Ebene der Funktionäre und Mandatsträger verfügt. Zudem haben
viele in der mehrheitlich weiblichen Partei das Gefühl, es sei mehr
als überfällig, eine Frau im Weißen Haus zu haben. Die Republikaner
gehen nach Iowa noch ungewisseren Zeiten entgegen. Nachdem der
Durchmarsch des Donald's fürs Erste gestoppt ist, zeichnet sich nun
ein zermürbendes Drei-Kandidaten-Rennen ab.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de