PresseKat - Korruption im Gesundheitswesen: Recherche belegt Umgehungsmöglichkeiten des geplanten Verbots

Korruption im Gesundheitswesen: Recherche belegt Umgehungsmöglichkeiten des geplanten Verbots

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(ots) - Das geplante neue Antikorruptionsgesetz im
Medizinwesen hat erhebliche Lücken. Nach monatelanger Recherche
gelang es Reportern des ARD-Politikmagazins "Panorama" vom NDR und
des Magazins "Stern", einen konkreten Umgehungsversuch zu beweisen.
Dabei wollten zwei Apotheker und ein Pharmahändler einen Hamburger
Onkologen bestechen. Für einen sechsstelligen Betrag sollte er
Rezepte bevorzugt an einen der beiden Apotheker leiten.

Die Bestechung von niedergelassenen Ärzten soll in Kürze strafbar
werden. In Berlin liegt der Entwurf für das Gesetz zur Bekämpfung der
Korruption im Gesundheitswesen auf dem Tisch - nach jahrelanger
Diskussion. In den nächsten Wochen soll das Gesetz im Bundestag
verabschiedet werden, dann werden die beiden neuen Paragrafen 299a
und 299b ihren Weg ins Strafgesetzbuch finden. Sie werden als
Durchbruch in der Korruptionsbekämpfung gefeiert, eine wichtige
Rechtslücke werde geschlossen. "Patientinnen und Patienten haben das
Recht, in einer ärztlichen Behandlung das zu bekommen, was
medizinisch angezeigt und notwendig ist und nicht das, was dem
Behandler besondere Vorteile beschert", so Bundesjustizminister Heiko
Maas Mitte vergangenen Jahres.

In der Recherche von "Panorama" und "Stern" geht es um
Krebs-Medikamente, ein besonders sensibler wie lukrativer Markt. Drei
Milliarden Euro werden hier jährlich umgesetzt. Die Krebsbranche ist
besonders anfällig für Korruption. Denn weil die Zusammensetzung der
Chemotherapien so komplex ist, ist die Apothekenwahl ganz offiziell
Sache des Arztes. Dies erleichtert finanzielle Absprachen zwischen
Arzt und Apotheker.

Verdeckt gedrehte Aufnahmen von "Panorama" und "Stern" zeigen
unter anderem, wie zwei Apotheker dem Onkologen ein Dreiecks-Geschäft
anbieten: Der Arzt solle seine Rezepte für die Zubereitung von
Chemotherapeutika künftig bevorzugt bei einem der beiden Apotheker




einreichen. Im Gegenzug gewähre der andere Apotheker dem Arzt ein
"Darlehen" - von einer regulären Rückzahlung ist nicht die Rede. Der
Geld-Rückfluss soll also offensichtlich getarnt werden, um das neue
Antikorruptionsgesetz zu umgehen. Das Ziel der Umgehung wird im
Gespräch auch mehrmals betont. Es sei wichtig, dass der das
"Darlehen" gebende Apotheker mit dem Arzt geschäftlich nichts zu tun
habe - das Geschäft also von außen so gut wie nicht nachvollziehbar
ist. All dies wird im Wesentlichen mündlich abgesprochen. So nutzt
man eine Lücke in der neuen Gesetzgebung: Denn bisher ist nicht
vorgesehen, dass die Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von
Korruption im Gesundheitswesen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wie
etwa die Telekommunikationsüberwachung anwenden dürfen.

Genau darauf hatte der Deutsche Richterbund bereits im November in
einer Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags zum
Gesetzgebungsverfahren hingewiesen. "Uns fehlt die Möglichkeit der
verdeckten Ermittlung, die wir im Bereich der Korruption im
Geschäftsleben haben. Das ist die Telefonüberwachung, und das ist das
Abhören des gesprochenen Wortes im öffentlichen Raum", sagt Dr. Peter
Schneiderhan, Oberstaatsanwalt in Stuttgart und Präsidiumsmitglied
beim Deutschen Richterbund, im Interview mit "Panorama". Beides sei
aber notwendig, um die im Geheimen getroffenen Absprachen
dokumentieren und damit die Täter überführen zu können. "Wenn man
über Telefonüberwachung oder Abhören von Gesprächen im öffentlichen
Raum in ein Ermittlungsverfahren gehen kann, hat man von Anfang an
ganz andere Chancen, als wenn man sofort mit offenen
Ermittlungsmaßnahmen versucht, einen Sachverhalt aufzuklären. Die
Betroffenen erfahren ja dann unmittelbar, dass Ermittlungen gegen sie
laufen, und können dementsprechend Beweismittel beseitigen."

Auf Nachfrage von "Panorama" verwies das Bundesjustizministerium
auf den "Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen
Patienten und Heilberufsangehörigen". Deshalb habe man bewusst auf
die Telekommunikationsüberwachung verzichtet. Aus Sicht des
Ministeriums sei es nicht so, dass der Ermittlungserfolg "mit der
Möglichkeit der Telekommunikationsüberwachung steht und fällt". Aus
Sicht von Schneiderhan vom Richterbund hätte es durchaus
Möglichkeiten gegeben, dieses enge Vertrauensverhältnis zwischen Arzt
und Patient durch besondere Schutzmaßnahmen aus den
Ermittlungsmaßnahmen herauszunehmen. "Vielfach finden diese Gespräche
ja nicht in diesem Arzt-Patienten-Verhältnis statt, sondern zwischen
Arzt, Apothekern und Pharmavertretern. Diese Unterhaltungen bedürfen
keines besonderen Schutzes." "Panorama": Donnerstag, 18. Februar,
21.45 Uhr, Das Erste Mehr Informationen zur Sendung unter
www.panorama.de



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Datum: 18.02.2016 - 06:00 Uhr
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