(ots) - In politisch unruhigen und emotional aufgeladenen
Zeiten machen mehr Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Das ist
eine der guten Nachrichten des Wahlabends in Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Im Wahlverhalten lassen sich
klare Trends feststellen: Entweder man vertraut angesichts der
Flüchtlingskrise in einer Mischung aus Verunsicherung und
Polarisierung mehrheitlich den Bekannten, also den Amtsinhabern:
Winfried Kretschmann (Grüne), Malu Dreyer (SPD) und Reiner Haseloff
(CDU) sind die Gewinner. Oder man nutzt den Urnengang zum Protest und
wählt AfD. Je größer der Frust, hier in Sachsen-Anhalt, desto höher
die Zahl der Protestwähler. Zwischen diesen Polen aus Bestätigung und
Abstrafung gibt es nur Verlierer.
Historisch ist der Absturz der CDU in Baden-Württemberg, fast
schon tragisch die Niederlage der CDU-Hoffnung Julia Klöckner in
Rheinland-Pfalz, und dramatisch ist die Erosion der Zustimmung für
die SPD. Malu Dreyer rettet sie zwar vor dem Totalschaden, aber der
Gesamteindruck bleibt verheerend. Parteichef Sigmar Gabriel muss sich
wegen seines umstrittenen Führungsstils, vor allem aber mit Blick auf
die Ausrichtung der SPD auf konfliktreiche Wochen einstellen.
Die Konsequenzen für die CDU sind nicht so eindeutig vorhersehbar,
insbesondere hinsichtlich der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin.
Einerseits stehen krachende Niederlagen in Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz im Raum, andererseits setzten sich mit Dreyer,
Kretschmann und Haseloff parteiübergreifend gerade die Kandidaten
durch, die ihre Flüchtlingspolitik ausdrücklich unterstützten. Julia
Klöckners Distanz zu Angela Merkel dürfte eine Ursache für den herben
Rückschlag in Rheinland-Pfalz gewesen sein.
Erfolgreich waren die Wahlen für die AfD, die in der
Flüchtlingskrise vom großen Protestpotenzial profitiert. Sie hat auf
die zentralen politischen Fragen keine Antworten, es genügte in der
aktuellen, aufgeheizten Debatte aber, auf Angst und Abschottung zu
setzen. Das ist ernst zu nehmen, einiges spricht aber dafür, dass
dies im konkreten politischen Alltag nicht reichen wird. Die AfD wäre
nicht die erste rechtsextreme Protestpartei, die sich nach einem
Wahlerfolg entzaubert.
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