(ots) - Der Herr gibt, der Herr nimmt: Weil der Herrscher
über Niederösterreich befand, es sei an der Zeit, über sein Erbe zu
entscheiden, handelte er. Und - wie es sich für einen Mann mit
absolutistischem Machtanspruch gehört - ohne Rücksicht auf irgendwen
oder irgendwas, das sich außerhalb seines unmittelbaren Reiches
befindet: Eine Flüchtlingskrise, ein Präsidentschaftswahlkampf, das
Abschneiden seiner Partei, eine Obmanndebatte? Egal! Und wer wagt es,
überhaupt die Frage zu stellen, ob der von St. Pölten nach Wien
Geschickte für das ihm zugewiesene Amt überhaupt kompetent ist?
Erwin Pröll wollte die Sache jetzt und sofort erledigen. Wer hätte
die Macht gehabt, ihn daran zu hindern? Der Parteiobmann nicht.
Reinhold Mitterlehner hat ihm schon nicht anschaffen können, für die
Präsidentschaftswahl anzutreten. Der ÖVP-Chef sah sich gezwungen,
einen Bewerber aus dem Hut zu zaubern, der von Anfang an mit dem
Handicap zu kämpfen hatte, nur zweite Wahl zu sein. Aber es war seine
Wahl - und Mitterlehner wird die Personalentscheidung Andreas Khol im
Falle eines schlechten Abschneidens des Kandidaten zu verantworten
haben.
Weil die Umfragen dies bereits suggerieren, wollte Pröll auf
Nummer sicher gehen und nahm in Kauf, Mitterlehner zum zweiten Mal zu
desavouieren. Denn wenn Mitterlehner eher früher als später Sebastian
Kurz als ÖVP-Chef Platz machen muss und dies weitere Rochaden
auslöst, hätte Pröll seine Pläne womöglich so nicht mehr umsetzen
können.
Außerdem hat sich Pröll mit diesem Schritt elegant des
innerniederösterreichischen Widerstandskämpfers Wolfgang Sobotka
entledigt, der den Landeshauptmannsessel nicht so einfach Johanna
Mikl-Leitner überlassen wollte. In der Causa um die spekulativen
Veranlagungen von Wohnbaugeldern kämpfte man noch gemeinsam gegen die
Kritiker, aber wenn sich die Kritik gegen ihn selbst richtet, hört
für Pröll die Freundschaft auf: Der Herr nimmt, der Herr gibt.
Dass man eine unliebsame Person entfernt, indem man diese weglobt,
ist eine in Österreich beliebte Praxis - nicht nur im politischen
Bereich. Gegen Ministerehren kann sich Sobotka schlecht wehren. Dass
nun mit Sobotka und Finanzminister Hans Jörg Schelling zwei
ÖVP-Minister am Kabinettstisch sitzen, die sich auch nicht gerade in
Parteifreundschaft verbunden sind, dürfte das politische Leben des
Vizekanzlers nicht erleichtern.
Auch die SPÖ nimmt den Ministerwechsel zur Kenntnis, schließlich
hat sie Alois Stöger auch gerade das dritte Ministeramt seit 2008
zugeteilt. In diesem Fall: Hauptsache, die Gewerkschaft ist
zufrieden; im anderen Fall: Hauptsache, für Niederösterreich passt
es. Der Bundespräsident wird die Angelobung durchziehen, von ihm sind
auch keine Einwände zu erwarten.
Die Personalrochade führt wieder einmal eindrucksvoll die
Realpolitik in Österreich vor Augen: Die Landeshauptleute sind die
wahren Herrscher. Man stelle sich ein Land vor, in dem ein
Lokalpolitiker nach Gutdünken einen Minister austauschen kann, weil
es ihm so gefällt und zeitlich gerade passt.
Es wird zwar etwas geraunzt, aber schlussendlich gemacht, was von
oben gewollt ist. Das hat schon in der Monarchie so funktioniert.
Seinem Wohle und dem seines Bundeslandes hat sich einfach alles
unterzuordnen: das ganze Land, seine ganze Partei.
Das ist Pröll, das ist Österreich.
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