(ots) - Print- und Digitalreichweiten der 50 größten
Publikumstitel auf Rekordhoch / Starke Reichweitenzuwächse bei Mobile
Websites und Apps von 17,2 auf 27,3 Mio. User / 61 Prozent der
Verlage wollen 2016 neue periodische Print-Titel launchen / 65
Prozent der Verlage wollen neue journalistische Digitalformate
launchen / Erwartete Rückgänge im Print-Geschäft / Umsatz-Zuwächse im
Digital-Geschäft (16,7 Prozent) und sonstigem Geschäft (10,7 Prozent)
/ 2015 kamen 113 neue Magazine auf den Markt, im ersten Quartal 2016
33 neue Titel / 93 Prozent sehen Zunahme der Einschüchterung von
Journalisten durch Extremisten / Redaktionelle Presse- und
Medienfreiheit auch im EU-Datenschutz erhalten / 87 Prozent bewerten
Adblocker als Gefährdung für die wirtschaftliche Basis von
Journalismus / 94 Prozent sehen weitere Beschränkungen der
Medienwerbung als Gift für die Presse / VDZ fordert Aufnahme der
Verleger in den Rechtekatalog bei der EU-Urheberreform / VDZ begrüßt
EU-Aktionsplan zur Erstreckung der Mehrwertsteuer auf digitale Presse
/ Verlage beschäftigen rund 60.000 Mitarbeiter - Gesamtumsatz 14,7
Milliarden Euro / Print mit 60 Prozent Kerngeschäft, Digital-Geschäft
mit 18 Prozent, sonstiges Geschäft mit 22 Prozent
"Die bleibend hohe Reichweitenstärke von Zeitschrifteninhalten auf
allen Kanälen ist vor allem dem Zuwachs im Bereich Mobile zu
verdanken. Noch nie wurden dort so viele Leser erreicht", sagte
VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer zum Auftakt der
Jahrespressekonferenz des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger in
Berlin. Mit 94 Prozent sind Zeitschriften weiterhin das nach TV
Reichweiten-stärkste Medium. Bei den monatlichen
Online-Top-Reichweitenangeboten sind von 20 Angeboten zwölf von
Verlagen. Vor allem die Nutzung der Verlagswebsites auf mobilen
Endgeräten verzeichnet enorme Zuwächse: Mit einem Anstieg von 17,2
auf 27,3 Mio. User (von 37,8 Mio. User insgesamt) bzw. einer
Durchdringung von 50 auf 72 Prozent (3. Quartal 2014 auf 4. Quartal
2015) bauen die Publikumszeitschriften ihre besondere Position weiter
aus (Tageszeitungen: 59 Prozent, TV 31 Prozent). "Deshalb sehen wir
in diesem Jahr erstmals, dass die Print- und Digitalreichweiten der
50 größten Publikumstitel gleich groß sind. Editorial Media, also
redaktioneller Inhalt, wirkt auf allen Kanälen", so Scherzer.
Die Verleger werden nach der auf der Jahrespressekonferenz
exklusiv vorgestellten Trend-Umfrage des VDZ 2016 die Budgets für ihr
Digitalgeschäft in den kommenden zwei Jahren auf breiter Ebene weiter
anheben. Demnach werden 89 Prozent der Befragten die Investitionen in
ihre Mobile-Angebote steigern und 71 Prozent das Budget für Native
Advertising erhöhen. Jeweils fast zwei Drittel wollen den Etat für
Online- (67 Prozent) und Paid Content-Angebote (63 Prozent)
vergrößern. Die Hälfte der Befragten plant mit wachsenden
Investitionen in Distributed Content. Neue redaktionell getriebene
Digitalangebote sind bei knapp zwei Dritteln der befragten Verlage
(65 Prozent) in Vorbereitung.
Die Verlage investieren der Trend-Umfrage zufolge ebenfalls
nachhaltig in ihr Print-Geschäft. 61 Prozent der Befragten gaben an,
dass ihr Verlag im laufenden Jahr neue periodische Print-Titel auf
den Markt bringen wird. Dabei plant die große Mehrheit von 91 Prozent
ein bis vier neue Titel, neun Prozent wollen mehr als vier
Print-Titel launchen. Darüber hinaus sind für die Verlage
Print-Sonderausgaben ein wichtiger Geschäftsbereich. 89 Prozent aller
befragten Verlage planen für das laufende Jahr hier neue Produkte -
im Durchschnitt sind es vier Titel. "Die Verlage stehen mit ihren
Angeboten im digitalen Wandel mitten auf dem Spielfeld und zwar
Print, Web, Mobil und Social", so der VDZ-Hauptgeschäftsführer.
Umsatz, Beschäftigung, Prognosen
Bei den Geschäftszahlen 2015 liegt die Zeitschriften-Branche auf
dem Vorjahres-Niveau. Die Verlage beschäftigten insgesamt rund 60.000
Mitarbeiter und erzielten einen Gesamtumsatz in Höhe von 14,7
Milliarden Euro (2014: 15,1 Milliarden Euro). Der etwas niedrigere
Wert ist die Folge von Rückgängen im Auslandsgeschäft. Der
VDZ-Trend-Umfrage zufolge rechnet die Branche 2016 im
Digital-Geschäft mit einem Umsatz-Plus von 16,7 Prozent. Im sonstigen
Geschäft erwarten die Verleger insgesamt ein Wachstum von 10,7
Prozent. In den Bereichen Vertrieb und Anzeigen prognostizieren die
Befragten für 2016 einen Rückgang von 2,6 bzw. 2,8 Prozent. Bei den
für das laufende Jahr kalkulierten Umsatz-Anteilen bildet Print mit
60 Prozent nach wie vor das Kerngeschäft. Mit dem Digital-Geschäft
erwirtschaftet die Branche 18 Prozent des Gesamtumsatzes, mit dem
sonstigen Geschäft 22 Prozent.
Die Zahl der mindestens quartalsweise erscheinenden
Publikumszeitschriften hat mit 1.589 zum Ende des ersten Quartals
2016 einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2015 brachten die
deutschen Verleger 113 neue Magazine auf den Markt, 78 wurden
eingestellt, im ersten Quartal 2016 gab es bereits 33
Titel-Neugründungen. "Dies zeigt das hohe Innovationstempo der
Verlagshäuser. Es gelingt immer besser, mit neuen vertikalen
Angeboten junge Zielgruppen zu gewinnen und als Agenda-Setter für
Relevanz zu sorgen", so Scherzer.
Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich, dass die Bedeutung der
Zeitschriften in der Wirtschaftskommunikation weiter zugenommen hat.
Wie die B2B-Entscheideranalyse 2015/16 der Deutschen Fachpresse
ergab, investiert ein Drittel der befragten Manager (33 Prozent)
aktuell sogar mehr Zeit in die Print-Fachmedien-Lektüre als noch vor
zwei Jahren. "Die Fachmedien in Deutschland sind mit über 3.800
Marken sehr gut positioniert, meistern den digitalen Wandel seit
Jahren vorbildlich und müssen durch vernünftige Regulierung in der
Transformation weiter unterstützt werden", so
VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. "Fachverlage sind
vorbildlich diversifiziert und erreichen ihre Zielgruppen in Print,
Web, Mobil, Social und mit einem starken Konferenzgeschäft."
Einstehen für die Presse- und Meinungsfreiheit
Ernsthafte Sorgen machen sich die Zeitschriftenverlage auch über
die Pressefreiheit in Deutschland. Der VDZ-Umfrage zufolge sagen 93
Prozent der Verlage, dass die Einschüchterung von Journalisten durch
politische und religiöse Extremisten zugenommen habe. Die
Pressefreiheit ist von Diskreditierung unter dem Kampfbegriff der
Lügenpresse betroffen, aber auch durch versteckte oder offene
Drohungen, wie etwa aktuell durch den türkischen Staatspräsidenten.
"Der türkische Präsident kann, wenn er sich durch die Satire von
Herrn Böhmermann in seiner Ehre verletzt sieht, ohne Weiteres vor den
Zivilgerichten gegen das ZDF und Herrn Böhmermann auf Unterlassung
und auf Schadensersatz klagen. Wenn er nun stattdessen die
Bundesregierung mit seinem Ersuchen um Strafermächtigung unter Druck
setzt, gibt es keinen überzeugenden Grund, diesem Druck nachzugeben.
Warum sollte die Bundesregierung dazu beitragen, dass in Deutschland
wieder Journalisten und Publizisten wegen satirischer Äußerungen vor
den Strafrichter treten müssen?", so Scherzer.
Auch die EU weise Defizite beim Schutz der Presse- und
Meinungsfreiheit auf. Das werde etwa bei der Neuordnung des
EU-Datenschutzes deutlich, der das EU-Parlament voraussichtlich am
Donnerstag zustimmen werde. Weder EU-Kommission noch EU-Parlament
noch EU-Regierungen seien bereit gewesen, die redaktionelle
Pressefreiheit europarechtlich effektiv zu schützen. Stattdessen
müssten nun die Mitgliedsstaaten bis 2018 über neue Befreiungen der
redaktionellen Arbeit von Datenverarbeitungsverboten und
Datenschutzaufsicht entscheiden. Ob alle Mitgliedsstaaten der
Versuchung widerstehen könnten, unter dem Vorwand des Datenschutzes
die Pressefreiheit zu beschneiden, sei nicht nur für einige jüngere
EU-Mitglieder offen. "Bund und Länder müssen wenigstens den
derzeitigen Schutz redaktioneller Presse- und Medienfreiheit auch in
den neuen Ausnahmen vom EU-Datenschutzrecht erhalten", so Scherzer.
Alles andere wäre ein Skandal.
Auch die EU-Richtlinie über Geschäftsgeheimnisse, der das
EU-Parlament ebenfalls voraussichtlich am Donnerstag zustimmen werde,
zeige, dass eine robuste Pressefreiheit in der EU keine
Selbstverständlichkeit sei. "Nur mit größter Mühe konnte eine Fassung
der Richtlinie verhindert werden, die die investigative
Berichterstattung über Unternehmensinterna ganz erheblich gefährdet
hätte", erklärte Scherzer. Und auch die jetzige Fassung schütze die
Pressefreiheit nur in dem ungewissen Umfang des Art. 11 der
EU-Grundrechtscharta, der letztlich vom EuGH in Luxemburg und nicht
mehr - wie bei Art. 5 GG - vom Bundesverfassungsgericht bestimmt
werde. Wie das umstrittene Urteil des EuGH zum Recht auf Vergessen
zeige, berge die Ablösung des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der
Pressefreiheit durch den EuGH durchaus das Risiko einer Schwächung
der Berichterstattungsfreiheit in diesem Bereich.
Riegel gegen Adblocker
Ein wichtiges Thema für die Verlagshäuser sind die Adblocker, die
die Monetarisierung der journalistischen Inhalte auf Websites massiv
erschweren. 87 Prozent bewerten diese als Gefährdung der
wirtschaftlichen Basis von Qualitätsjournalismus. Adblock-Raten
liegen je nach Angebot zwischen 20 und 60 Prozent. "AdBlock-Anbieter
sind Geschäftemacher, die mit inakzeptablen Praktiken unter dem
Deckmäntelchen des Verbraucherschutzes hochprofitable Geschäfte
betreiben. Sie nehmen durch Ausfiltern der Werbung den Publikationen
jede Chance, die journalistischen Inhalte durch Werbung zu
finanzieren. Es ist unerträglich, dass diese Praxis nach einigen
erstinstanzlichen Gerichtsentscheidungen zulässig sein soll", fasste
VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer das Stimmungsbild unter den
Verlagen zusammen. "Die Politik muss solch missbräuchlichem Handeln
einen regulativen Riegel vorschieben."
Faire Regulierung
Geschlossenheit der Branche herrscht auch bei den anderen
medienpolitischen Themen. Nahezu alle Teilnehmer der Trend-Umfrage
(96 Prozent) fordern, dass der Zugang der Presse zum Leser auf
digitalen Endgeräten diskriminierungsfrei erfolgen muss. "Weder
marktmächtige Plattformen und Gatekeeper noch Medienregulierung
dürfen bestimmten Medien Exklusivstellungen oder bevorzugten Zugang
zum Leser verschaffen", machte VDZ-Hauptgeschäftsführer Scherzer
deutlich.
94 Prozent der Befragten bezeichnen darüber hinaus weitere
Beschränkungen der Medienwerbung als Gift für den Erhalt einer
staatsunabhängigen Presse im digitalen Zeitalter. "Der VDZ fordert
die Bundesregierung auf, sich darauf zu besinnen, dass sie die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen privatwirtschaftlicher
Medienproduktion stärken will, wozu sie sich im Koalitionsvertrag
verpflichtet hat. Jede weitere Werbebeschränkung aber ist das
Gegenteil", so Stephan Scherzer. In diesem Zusammenhang sei es auch
wichtig, die Erstreckung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die
digitale Presse umzusetzen.
88 Prozent der befragten Verlage beurteilen die Konkurrenz durch
die digitalen Angebote von ARD und ZDF kritisch. "Es ist nicht
hinnehmbar, dass durch Gebühren finanzierte Angebote zu Angeboten der
privaten Presse im Web und Mobil in Konkurrenz treten", sagte
Scherzer. "Dies erschwert den Zeitschriftenverlagen die notwendige
Erzielung digitaler Vertriebserlöse."
Reform des Kartellrechtes
97 Prozent der Befragten sprachen sich in der VDZ-Trend-Umfrage
für eine Reform des Kartellrechts aus. "Angesichts globaler
Netzwerk-Effekte marktbeherrschender Digitalplattformen, der hohen
Konzentration bei den Media-Agenturen und dem faktischen TV-Duopol
muss die Große Koalition dringend ihr Versprechen einlösen, den
Presseverlagen verlagswirtschaftliche Kooperationen kartellrechtlich
zu erleichtern", forderte Scherzer. "Wir gehen davon aus, dass der
Gesetzgeber dazu bald einen praktikablen Vorschlag macht". Dass der
Gesetzgeber seine Zusage zur Erleichterung von Verlagskooperationen
in außerredaktionellen Bereichen tatsächlich einhält, erwartet nur
noch gut die Hälfte der Verlagsentscheider (57 Prozent).
Aufnahme in die Rechtekataloge des EU-Urheberrechts
"Der VDZ fordert die Aufnahme der Presseverleger in die seit
langem existierenden Rechtekataloge des EU-Urheberrechts!" Die
Presseverleger sind - anders als Rundfunk sowie Musik- und
Filmproduzenten - nicht als Rechte-Inhaber im EU-Urheberrecht
genannt. Im digitalen Zeitalter ist für den Erhalt der
Vermarkungshoheit ein effektiver Urheberrechtsschutz für
Presseverlage unverzichtbar. In einem früher oder später voll
harmonisierten EU-Urheberrecht sind alle nationalen Rechte null und
nichtig. "Es ist höchste Zeit, dass die Presseverleger in die
einschlägigen Rechtekataloge aufgenommen werden. Alles andere hätte
fatale Auswirkungen auf die Chancen der redaktionellen
Digital-Angebote. Das ist regulative Unterstützung, die die
unabhängige Presse benötigt, um im globalen Wettbewerb um
Aufmerksamkeit und Werbebudgets eine faire Chance zu haben", so
Scherzer.
Einheitliche Mehrwertsteuer
"Die Erstreckung der reduzierten Mehrwertsteuer auf die digitale
periodische Presse ist schon lange überfällig", betonte
VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. Deshalb begrüßt der VDZ
den aktuellen Aktionsplan der EU-Kommission zur Mehrwertsteuer. Darin
wird ein Vorschlag angekündigt, der das europäische
Mehrwertsteuerrecht für digitale Publikationen dem Recht für
gedruckte Publikationen angleichen soll. Dann könnten die
Mitgliedsstaaten die reduzierte Mehrwertsteuer endlich auch auf
digitale Zeitschriften und Zeitungen erstrecken. Der noch für 2016
angekündigte Vorschlag bedarf allerdings der Zustimmung der
Finanzminister aller EU-Mitgliedsstaaten. "Deshalb sind nun
Bundesfinanzminister Schäuble und die ganze Bundesregierung
gefordert, im Kreis der EU-Regierungen aktiv und nachhaltig für
diesen Vorschlag zu werben", schloss Scherzer.
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