(ots) - Eine Viertelmillion Menschen ging in Warschau auf
die Straße, um für, nicht gegen die EU zu demonstrieren. Wo hätte es
das zuletzt gegeben? Zugespitzt gefragt: Wo sonst in Europa wäre das
überhaupt denkbar? In London sicher nicht, wo die Brexit-Befürworter
die Meinungs- und auch die Kampfhoheit besitzen. Paris, Berlin, Rom?
Kaum. Wie der Zeitgeist in Europa derzeit tickt, zeigten kürzlich die
Bürger in Österreich, die im ersten Wahlgang einen
rechtskonservativen Nationalisten zum Favoriten auf den
Präsidentenposten kürten. Von Polen geht nun immerhin ein Signal der
Hoffnung aus. Hunderttausende vor allem junger Menschen
demonstrierten, dass ihnen die EU und vor allem die europäische Idee
Herzensanliegen sind. Als bekennender Europäer würde man sich
wünschen, dass die bekennenden Europäer auch andernorts einmal Flagge
zeigen! Natürlich hat das Engagement der Pro-Europäer in Polen auch
mit Eigeninteressen zu tun. Die osteuropäischen
Mitgliedstaaten der EU profitieren am stärksten von Brüsseler
Strukturhilfen, und die jungen Polen nutzen all die Chancen, die
Europas Freiheiten bieten. Sie studieren in Berlin, Paris oder
London, lernen fremde Sprachen und wachsen in eine europäische Elite
hinein. Das allerdings trifft auf die Mehrheit der Polen nicht zu. Es
ist dieser Widerspruch, von dem Kaczynskis PiS profitiert. Deshalb
sollte sich auch niemand von der beeindruckenden Warschauer
Pro-EU-Kundgebung auf die falsche Fährte locken lassen. Wenig deutet
darauf hin, dass sich Kaczynski von seinem autoritären Weg abbringen
lassen könnte. Einen Entwurf für eine neue Verfassung hat die PiS
bereits in der Schublade.
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