(ots) - Der US-Hedgefonds Muddy Waters hat im Zuge seines
Angriffs auf den Kölner Außenwerbekonzern Ströer bereits am Tag
seiner Attacke Kasse gemacht und dies nicht fristgerecht mitgeteilt.
Das geht aus verspätet eingereichten Veröffentlichungen über
Leerverkaufspositionen im Bundesanzeiger hervor, wie das
Wirtschaftsmagazin 'Capital' in seiner Juni-Ausgabe (EVT: 19. Mai)
berichtet. Danach hielt Muddy Waters am Mittwoch, dem 20. April, eine
Leerverkaufsposition in Höhe von 0,66 Prozent aller Ströer-Aktien. Am
Donnerstag, dem 21. April, veröffentlichte der Hedgefonds auf seiner
Internetseite eine 60-seitige Analyse über Ströer, in dem der
Leerverkäufer dem Unternehmen unter anderem vorwarf, das Wachstum und
die Cash-Generierung zu optimistisch auszuweisen. Binnen Minuten
brach der Ströer-Kurs in der Spitze um 33 Prozent ein. Das entsprach
einem Börsenwert-Verlust von knapp einer Milliarde Euro. Den Handel
schloss die Aktie an dem Tag mit einem Minus von 18 Prozent ab.
An dem Donnerstag liquidierte Muddy Waters seine erst zum Vortag
gemeldete Leerverkaufsposition wieder zu drei Vierteln auf 0,16
Prozent aller Aktien und konnte so aus der Differenz binnen Stunden
einen Millionengewinn einstreichen. Als erstes hatten die Analysten
der Internetseite mostshorted.com über den Ablauf berichtet. Von
'Capital' mit der Rekonstruktion konfrontiert, erklärte Muddy Waters:
"Der Recherche-Ansatz, den wir bei Ströer angewandt haben, hat
bereits in vielen anderen Fällen Anleger vor weiterem Schaden
bewahrt, Aufsichtsbehörden bei ihren Ermittlungen geholfen und zu
Kompensationszahlungen geführt. Während dies für die Märkte
vorteilhaft ist, bleibt es selbstverständlich dennoch ein Geschäft,
das im Übrigen mit hohen Kosten für die Recherche verbunden ist."
Die Veröffentlichungspflichten sehen vor, dass Marktteilnehmer bis
zum Nachmittag des Folgetages im Bundesanzeiger öffentlich
dokumentieren müssen, wenn ihre Leerverkaufspositionen die Schwelle
von 0,5 Prozent aller ausstehenden Aktien unter- beziehungsweise
überschreiten. Das soll Transparenz sicherstellen. Im Falle von Muddy
Waters wäre so der "Blitzkrieg" spätestens am Freitag, dem 22. April,
nachvollziehbar gewesen.
Tatsächlich erfolgten die entsprechenden Meldungen über den Aufbau
und den Abbau unter die Schwelle von 0,5 Prozent aber erst am 26.
April - also fünf Tage zu spät. Die Finanzaufsicht Bafin erklärte,
man prüfe den Fall wie jeden anderen auch, könne sich aber nicht zu
einzelnen Positionen äußern. Man überwache gleichwohl, "ob diese
Fristen eingehalten werden und kann bei Fristversäumnissen Bußgelder
verhängen".
Muddy Waters teilte auf 'Capital'-Anfrage mit: "Als wir unseren
Bericht veröffentlicht haben, haben wir den Markt mehr als zwei
Stunden früher über unsere Short-Position informiert, als es durch
eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger der Fall gewesen wäre. Auch
die Bafin haben wir unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Uns war nicht
bewusst, dass die Finanzaufsichtsbehörden in Deutschland - anders als
in anderen europäischen Ländern - die von uns gemeldete
Short-Position nicht offenlegen. Wir haben dies unverzüglich
nachgeholt."
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Christian Kirchner
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