(ots) - Die ukrainisch-tatarische Sängerin Jamala hat den
Eurovision Song Contest gewonnen - und halb Osteuropa ist in Aufruhr.
Russland argwöhnt eine Verschwörung oder sogar eine hybride
Kriegführung mit anderen Mitteln. Die unterdrückten Krimtataren
dagegen und auch viele Ukrainer wittern Morgenluft, und so wird die
bunte Shownachricht zum harten politischen Thema. Dafür gibt es
Gründe. In ihrem Lied singt Jamala über die Deportation ihrer
Vorfahren im Jahr 1944, unter Stalins Gewaltherrschaft. Und natürlich
denkt dabei jeder an die russische Annexion der Krim 70 Jahre später
und an den schwelenden russisch-ukrainischen Bruderkrieg im Donbass.
Es war also - trotz gegenteiliger Beteuerungen - ein eminent
politischer Song, der beim ESC siegte. Schon der erste ukrainische
ESC-Sieg 2004 mit Sängerin Ruslana beförderte die demokratische
orange Revolution in Kiew. Aber schon damals zeigte sich, dass ein
Lied allein eben doch noch keinen politischen Sommer macht, und es
wird sich diesmal, im Falle von Jamala, erst recht erweisen.
Entscheidend sind die politische Großwetterlage und konkretes
Handeln. Im Fall der Ukraine und beim Blick auf die Krim gibt es
deshalb wenig Grund zur Hoffnung. Die russische Position im Osten des
Landes ist so stark und abgesichert, dass es keine Rückkehr zur
territorialen Integrität der Ukraine geben wird, bevor sich kein
grundlegender Wandel in Moskau einstellt. Dramatischer ist allerdings
der Dilettantismus der Regierenden in Kiew, die es in den zwei Jahren
seit der Maidan-Revolution nicht geschafft haben, die Korruption im
Land und vor allem die zerstörerische Macht der Oligarchen zu
brechen.
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