PresseKat - Seit Silvestervorfällen drastischer Zuwachs bei Waffenscheinen in Norddeutschland

Seit Silvestervorfällen drastischer Zuwachs bei Waffenscheinen in Norddeutschland

ID: 1358114

(ots) -

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Seit Jahresbeginn ist die Zahl der "Kleinen Waffenscheine" für
Schreckschuss- und Gasdruckpistolen in allen norddeutschen Ländern
sprunghaft angestiegen. In Niedersachsen waren im März etwa 34.200
Genehmigungen registriert - das sind 29 Prozent mehr als noch Ende
2015. In Hamburg lag der Zuwachs bei 17,8 Prozent, in
Schleswig-Holstein bei 23 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern
verzeichnete einen Anstieg von fast 9 Prozent. Das geht aus einer
Anfrage der Radiosender NDR Info und NDR 2 bei den zuständigen
Innenministerien und Polizeibehörden hervor. Der Kleine Waffenschein
ist nötig, um Schreckschuss- oder Gasdruckpistolen auch außerhalb der
eigenen Wohnung oder des eigenen Grundstücks tragen zu dürfen.
Waffenhändler und Wissenschaftler führen den Anstieg auf die
sexuellen Übergriffe und Diebstähle in der Silvesternacht
insbesondere in Köln und Hamburg zurück.

In Hamburg hat die Polizeibehörde in der Zeit von Januar bis März
mehr als 800 dieser Genehmigungen neu ausgestellt. Das sind fast
zehnmal so viele wie im gesamten vergangenen Jahr neu hinzukamen. In
Niedersachsen sind nach Angaben des Innenministeriums im ersten
Quartal mehr als 7800 neue Genehmigungen ausgestellt worden - fast
vier Mal so viele wie im gesamten Jahr 2015. In Schleswig-Holstein
hat sich der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Rund 2300
neue Kleine Waffenscheine wurden dort von Januar bis März
ausgestellt. Mecklenburg-Vorpommern übertraf die Vorjahreswerte schon
nach wenigen Wochen: Bis Mitte Februar wurden 320 neue Genehmigungen
erteilt, 40 Prozent mehr als im Vorjahr.

Fachhändler und der Verband Deutscher Büchsenmacher und
Waffenhändler (VDB) berichten zudem von einem regelrechten Run auf




Pfeffersprays. Der Frankfurter Hersteller DEF-TEC Defense Technology
zum Beispiel steigerte nach eigenen Angaben seinen Umsatz im ersten
Quartal um 1200 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Zeitweise
habe man bis zu 13.000 Spraydosen täglich ausgeliefert.

Der stellvertretende Leiter der Psychiatrie an der Uniklinik
Göttingen und Experte für Angststörungen, Prof. Dr. Borwin Bandelow,
sieht in dieser Entwicklung eine direkte Reaktion auf die
Silvester-Ãœbergriffe: "Wenn eine neue Gefahr droht, die als
unbeherrschbar und neu erscheint, dann ist die Angst der Menschen
sehr viel größer als vor bekannten Gefahren. Dann kommt es zu
Ãœberreaktionen."

Die Hamburger Innenbehörde spricht dagegen nicht von einem
direkten Zusammenhang zwischen der verstärkten Nachfrage nach dem
Kleinen Waffenschein und den Ereignissen der Silvesternacht. Damals
war es auch im Hamburger Stadtteil St. Pauli zu Ãœbergriffen gekommen.
Der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter, erklärte: "Der
Zeitraum ist zu kurz, um eine vernünftige Aussage dazu zu machen. Die
Innenbehörde beobachtet diese Entwicklung aber. Es ist schwierig,
etwas über die Motive zu sagen, weil beim Kleinen Waffenschein kein
Bedürfnis nachgewiesen muss."

Die Polizei sieht die Verwendung von Pfeffersprays und
Schreckschusswaffen durch Privatpersonen kritisch. Das
Landeskriminalamt Niedersachsen etwa warnt davor, dass der voreilige
Griff zu solchen Waffen angespannte Situationen noch verschlimmern
kann. Außerdem seien sich viele Menschen nicht über die rechtlichen
Folgen klar, erklärte LKA-Sprecherin Stephanie Weiß: "Der Einsatz von
Pfefferspray oder auch einer Schreckschusswaffe ist immer eine
Straftat, nämlich eine gefährliche Körperverletzung. Das ist immer
nur in einer Notsituation gerechtfertigt. Man darf diese Waffe
natürlich nicht einsetzen, wenn man einfach nur provoziert wird."
Grundsätzlich sind Pfeffersprays in Deutschland nur für die Abwehr
von aggressiven Tieren zugelassen. Gegen Menschen dürfen sie nur im
absoluten Notfall eingesetzt werden.



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