(ots) - Kein Kniefall, kein Deal
Recep Tayyip Erdogan hatte recht, als er am Freitag von einer
"historischen Abstimmung" sprach. Mit der Aufhebung der Immunität von
politischen Gegnern marschiert der 62-Jährige weiter strammen
Schrittes Richtung Diktatur - oder wie soll man sonst ein politisches
System nennen, das auf einen Mann mit der Kraft der Verfassung
zugeschnitten wird. Doch nicht erst seit diesem Beschluss ist die
Türkei zu einem Unrechtsstaat verkommen. Ein Staat, der unterdrückt,
inhaftiert, Bomben aufs eigene Volk wirft, scheidet als Partner einer
Gemeinschaft, die für sich rechtsstaatliche und freie Werte
beansprucht, aus. Als Mitglied taugt so ein Staat noch weniger. Daher
ist die Forderung des CSU-Politikers Manfred Weber, die
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen, nicht nur
logisch und konsequent, sondern überfällig. Dumm nur, dass Webers
Heimatland eben erst einen Deal mit dem Islamisten vom Bosporus
unterzeichnet hat... All das weiß auch Bundeskanzlerin Angela Merkel,
die nun in die Türkei reist. Sie steht damit vor einem ihrer
schwierigsten Staatsbesuche in ihrer Amtszeit. Sie muss das Gesicht
der Bundesregierung wahren, ihre Flüchtlingspolitik verteidigen, darf
sich aber gleichzeitig keinen weiteren Kniefall vor Erdogan - nichts
anderes belegt der Fall Böhmermann - erlauben. Kann das
funktionieren? Nein. Denn nur ein paar besorgte Worte in
Diplomaten-Rhetorik reichen hier nicht aus. Und was haben mahnende
Worte aus Brüssel oder Berlin gebracht? Nichts! Erdogan ist
durchgeknallter denn je und führt die Europäische Union ein ums
andere Mal vor. Merkel sollte ihren Besuch daher nutzen, den
Flücht-lingsdeal für beendet zu erklären.
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