(ots) - Am 9. Mai lud Open Doors gemeinsam mit dem
Zentralrat der Orientalischen Christen (ZOCD), der Internationalen
Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), der Aktion für verfolgte
Christen (AVC), Kirche in Not (Weltweites Hilfswerk Päpstlichen
Rechts) sowie Pfarrer Dr. Gottfried Martens von der Selbständigen
Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) Berlin-Steglitz und auch zwei
Betroffenen zu einer Pressekonferenz in Berlin ein. Dabei wurden die
Ergebnisse einer Erhebung von Open Doors mit dem Titel "Religiös
motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland"
vorgestellt. Diese Erhebung dokumentiert anhand detaillierter
Fragebögen die Erfahrungen von 231 christlichen Flüchtlingen in
deutschen Flüchtlingsunterkünften. Darin berichten sie von
gewaltsamen Angriffen, Drohungen und Diskriminierungen, die
demzufolge gehäuft auftreten. Die Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung (F.A.S.) hat sich in ihrer Printversion vom 22.05.
umfangreich und mit deutlicher Kritik zur Erhebung von Open Doors
geäußert. Sie titelt auf S. 1: "Unseriöse Studie - Zweifel an
"Christenverfolgung in Flüchtlingsheimen" und verweist auf einen
umfangreichen Bericht auf S.4.
Deutschlandweite Erhebung wird in Frage gestellt
Die F.A.S. schreibt, die Erhebung von Open Doors sei eine
"Behauptung, der die Belege fehlen". Sie bezweifelt, dass die
Erhebung deutschlandweit durchgeführt wurde und führt dazu aus [Zitat
F.A.S.]: Das christliche Hilfswerk "Open Doors" hatte vor zwei Wochen
die Erhebung über 'Religiös motivierte Übergriffe gegen christliche
Flüchtlinge in Deutschland' veröffentlicht und von flächendeckenden
Fällen von Gewalt und Drangsalierung gegenüber Christen in den
Unterkünften berichtet. Nun bestätigte die Organisation auf Anfrage
der F.A.S., dass fast zwei Drittel der in der Erhebung aufgeführten
mutmaßlichen Opfer aus einer einzigen Gemeinde in Berlin stammten. In
der Publikation heißt es aber: 'Die Erhebung fand deutschlandweit
statt.'" [Zitat Ende]
Damit erweckt die F.A.S. den Eindruck, sie habe hier einen
besonderen Schwachpunkt der Erhebung aufgedeckt. Open Doors stellt
dazu fest, dass in der Erhebung an keiner Stelle von
"flächendeckenden Fällen von Gewalt und Drangsalierung gegenüber
Christen" die Rede ist, sondern von "gehäuftem Auftreten" (Seite 6).
Auf Seite 11 der Erhebung heißt es weiter: "Die regional sehr
unterschiedlichen Rücklaufzahlen der Fragebögen lassen keine
Rückschlüsse über das Ausmaß der Übergriffe pro Bundesland zu.
Vielmehr waren sie von dem Engagement und der Erreichbarkeit der
Bezugspersonen abhängig, die sich in dem Berichtszeitraum an der
Befragung beteiligt haben. Hinzu kommt, dass Open Doors nur wenige
Wochen zur Verfügung standen, um einen möglichst großen und
vertrauenswürdigen Personenkreis zu erreichen und zu mobilisieren, an
dieser Erhebung teilzunehmen."
Die von der F.A.S. monierte Besonderheit, dass über die Hälfte der
Befragten aus Berlin stammt, ist für die Aussagekraft der Erhebung
von wenig Belang und wurde dort bereits klar kommuniziert (s. Seite
11): "49% der Befragten (114 Personen) wohnten zum Zeitpunkt der
Befragung noch in einer Erstunterkunft in einem der Bundesländer
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Sachsen-Anhalt, wobei Berlin
mit insgesamt 124 Personen etwas über die Hälfte der Befragten
stellt."
Die Erhebung wurde bei der Pressekonferenz am 9. Mai an alle
Journalisten verteilt und ist seitdem frei einsehbar unter
https://www.opendoors.de/erhebung_fluechtlinge.
F.A.S.: Belege aus Großkirchen fehlen
Im F.A.S. Artikel heißt es: "Trotz mehrfacher Nachfrage ist die
Organisation ... nicht in der Lage, auch nur einen Pfarrer aus dem
Bereich der großen Landeskirchen zu benennen, der an einem Fragebogen
mitgewirkt hat."
Entgegen der Aussage der F.A.S. gab es Rückläufe ausgefüllter
Fragebögen auch von Pfarrern aus der Landeskirche. Der Redakteur der
F.A.S. hatte jedoch ausdrücklich nach Fragebögen aus Hessen und
Niedersachsen gefragt. Dementsprechende Berichte lagen nicht vor und
waren innerhalb einer Woche nicht zu erhalten.
Dass aber durchaus auch die Landeskirchen von Ãœbergriffen gegen
christliche Flüchtlinge berichten, konnte man bereits
verschiedentlich der Presse entnehmen. So formulierte ein
EKD-Sprecher gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Rat
der EKD habe bereits zu Jahresbeginn seine Besorgnis über Gewalt
gegen Christen zum Ausdruck gebracht. Auch auf der letzten
katholischen Bischofskonferenz wurde über eine aktuelle Umfrage zur
Situation von christlichen Flüchtlingen in den deutschen Bistümern
gesprochen: Diese Erhebung "legt die Einschätzung nahe, dass
Einschüchterung und Diskriminierung (bis hin zu Gewalt) gegenüber
christlichen Bewohnern von Flüchtlingseinrichtungen kein geläufiges,
wohl aber ein immer wieder auftretendes Problem sind, das ernst
genommen werden muss" (kath.net.news).
Kein einziger Fall in kirchlich betriebener Flüchtlingsunterkunft?
Der F.A.S Redakteur zieht das Fazit: "Auf Nachfrage war es Open
Doors nicht möglich, einen einzigen Fall in einem kirchlich
betriebenen Heim zu nennen". Markus Rode hatte dem F.A.S. Redakteur
jedoch angeboten, eine Verbindung zu einem Flüchtlingsheim unter
kirchlicher Trägerschaft herzustellen, in dem es mehrere Betroffene
gegeben hat, allerdings nicht in den vom F.A.S. Redakteur gewünschten
Bundesländern.
In dem Artikel der F.A.S. war zu lesen: "Rode sagte, er könne 500
Fälle von religiös motivierter Gewalt in kirchlich betriebenen Heimen
nennen." Diesem angeblichen Zitat widerspricht Markus Rode gegenüber
dem Redakteur der F.A.S. vehement, da die Erhebung dann nicht 231
sondern weit über 500 dokumentierte Übergriffe hätte enthalten
müssen. Der zuständige Redakteur veranlasste daraufhin zumindest die
Löschung dieser Aussage in der Onlineversion der F.A.S.
Für Open Doors ist nicht entscheidend, ob die Übergriffe auf
christliche Flüchtlinge und andere religiöse Minderheiten in Heimen
mit kirchlicher oder säkularer Trägerschaft stattfinden, auch nicht,
ob mehr in Berlin als in Bayern oder Niedersachsen. Dagegen ist es
Open Doors äußerst wichtig, dass die von religiös motivierten
Angriffen Betroffenen endlich eine Stimme erhalten und aus dem Klima
der Angst befreit und geschützt werden.
"Begründete Zweifel an Glaubwürdigkeit der Flüchtlinge"
Die F.A.S. stellt die Glaubwürdigkeit der Flüchtlinge in Frage,
indem sie einen Fall aus der Gemeinde des Berliner Pfarrers Dr.
Gottfried Martens aufgreift. Mehrere dieser Fälle von Pfarrer Martens
wurden bereits von Medien durch Gespräche mit den Betroffenen
recherchiert und als glaubwürdig eingeschätzt. Die F.A.S. greift den
in der Erhebung von Open Doors genannten Fall eines christlichen
Ehepaars aus Afghanistan (Konvertiten) auf, das aufgrund massiver
Drangsalierung in seiner Unterkunft in die Kirche von Pfarrer Martens
geflohen war. In diesem Zusammenhang kommt auch ein Vertreter der
Betreibergesellschaft zu Wort. Seine Aussage, die Vorwürfe seien "zu
100% aus der Luft gegriffen" deckt sich exakt mit der Problematik,
die bereits in der Erhebung benannt wird: Oftmals haben Heimleiter
und Betreiber keinerlei Interesse daran, religiös motivierten
Ãœbergriffen nachzugehen.
Ausgeprägtes Interesse zeigte die F.A.S. an einem "besonders
eklatanten Fall der Gewalt gegen einen Christen" in Hessen oder
Niedersachsen. Einen solchen sollte Open Doors kurzfristig zugänglich
machen. Dazu wurde der Kontakt zu Pastor Michel Youssif hergestellt,
der zahlreiche christliche Flüchtlinge im Rahmen seiner
arabischsprachigen Gemeinde betreut. Ein Flüchtling aus dem
niedersächsischen Lamspringe hatte ihm berichtet, dass er wegen
seiner erklärten Absicht, als Alevit zum christlichen Glauben zu
konvertieren, bereits mehrfach von sunnitischen Muslimen und
IS-Sympathisanten angegriffen worden sei. Der Pastor glaubte ihm.
Eine telefonische Nachfrage der F.A.S. im Flüchtlingsheim erbrachte,
dass der christliche Flüchtling "aggressiv" gewesen sei: ",Die
Aggression ging ja von ihm selbst aus', sagt der ASB-Sprecher.
'Dieser Mann ist einfach sehr aggressiv.'" Dies bestätigte auch die
neue Heimleiterin, eine sunnitische Muslima aus dem Sudan. Weitere
Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Mannes habe laut F.A.S. eine
Aussage von Pastor Youssif geweckt, der durch ein weiteres Gespräch
zu der Ãœberzeugung gekommen sei, dass der christliche Glaube des
Mannes nicht Ursache des Konflikts war. Im Telefonat mit Open Doors
betonte Pastor Youssif jedoch, dass er dies so nicht gesagt habe und
dass ihm außerdem der zuständige Redakteur zugesichert habe, ihm den
Artikel vor der Veröffentlichung vorzulegen. Dies sei jedoch nicht
geschehen. Youssif sagte weiter: "Die Aussage des Flüchtlings steht
gegen die Aussage des Heimbetreibers."
Das führt zu demselben Ergebnis wie im vorher genannten, von der
F.A.S. recherchierten Fall bei Pfarrer Martens in Berlin: "Begründete
Zweifel" an der Glaubwürdigkeit der Betroffenen und damit auch der
vorliegenden Erhebung und den Organisationen wie Open Doors und den
anderen NGOs, die den Schutz christlicher Flüchtlinge fordern.
Wie Pastor Youssif jedoch zu berichten wusste, hatte der
betroffene Flüchtling aus Lamspringe nach dem F.A.S.-Interview große
Angst auf die Straße zu gehen. "Er hat mehrere Male bei mir angerufen
und versichert, dass er die Wahrheit sage. Immer wieder sagte er
auch: 'Bitte, ich habe Angst!'"
Dazu passt die traurige Beobachtung, dass kein einziger Besucher
aus Pastor Youssifs Flüchtlingsgemeinde bereit war, an der anonymen
Erhebung von Open Doors teilzunehmen oder mit Medien zu sprechen -
aus Angst vor den möglichen Konsequenzen.
In dem Artikel der F.A.S. heißt es zum Vorfall mit dem Flüchtling
aus Lamspringe: "Rode halte den Flüchtling für glaubwürdig.
Gesprochen habe er mit ihm aber nie." Leider wurde auch dieses Zitat
tendenziös verändert. Markus Rode hatte dem Redakteur schriftlich
mitgeteilt: "Auch wenn es so auszusehen scheint, dass dieser
christliche Flüchtling nach Aussage der Heimleitung und
Mitflüchtlingen gelogen haben soll, schließe ich mich diesem
abschließenden Urteil nicht an. ... Fazit: Für mich ist dieser Christ
jedenfalls nicht per se ... als unglaubwürdig einzustufen."
Religiöse Motive?
Der F.A.S. Artikel titelt "Weil sie Christen sind?" und stellt
damit in Frage, dass es sich um religiös motivierte Übergriffe
handelt. Open Doors bestätigt: Die Berichte der betroffenen
christlichen Flüchtlinge lassen keinerlei Zweifel daran aufkommen,
warum sie Gewalt erfahren. Die ausgefüllten Fragebögen bedürfen
keiner weiteren Erklärungen, denn hier wird durch die Aussagen der
Christen klar belegt, dass es sich um religiös motivierte Übergriffe
handelt.
Die religiösen Minderheiten brauchen Schutz
Der F.A.S. Artikel versucht, die Bemühungen von Open Doors zum
Schutz religiöser Minderheiten sowie die damit verbundene Erhebung
als unseriös darzustellen. Dennoch wird Open Doors auch in Zukunft
alle bekannt werdenden Vorfälle religiös motivierter Übergriffe in
deutschen Flüchtlingsheimen dokumentieren und der Öffentlichkeit zur
Kenntnis bringen.
Open Doors ist durch die Vorgehensweise des F.A.S.-Redakteurs
erneut bewusst geworden, wie sensibel und riskant eine Recherche für
betroffene Flüchtlinge sein kann, die den Mut hatten, ihre Erlebnisse
zu schildern und dadurch am Ende mit noch größeren Problemen
konfrontiert sind. Deshalb ist es umso wichtiger, endlich die
Forderungen, die Open Doors gemeinsam mit den o.g. NGOs sowie dem
Zentralrat der Orientalischen Christen in Deutschland gestellt hat
umzusetzen, um den Betroffenen christlichen Flüchtlingen sowie
anderen religiös verfolgten Minderheiten die Religionsfreiheit und
den Schutz zu gewähren, der ihnen in einem Land wie Deutschland
zusteht.
Weitere Information finden Sie hier:
https://www.opendoors.de/stellungsnahme_faz
Ãœber Open Doors
Weit mehr als 100 Millionen Christen werden weltweit aufgrund
ihres Glaubens verfolgt. Open Doors ist als überkonfessionelles
christliches Hilfswerk seit über 60 Jahren in rund 60 Ländern im
Einsatz für verfolgte Christen. Jährlich veröffentlicht Open Doors
den Weltverfolgungsindex, eine Rangliste von Ländern, in denen
Christen am stärksten verfolgt werden. Projekte von Open Doors
umfassen Hilfe zur Selbsthilfe, Ausbildung von christlichen Leitern,
Engagement für Gefangene, Nothilfe und Trauma-Arbeit, die
Bereitstellung von Bibeln und christlicher Literatur sowie die
Unterstützung von Familien ermordeter Christen. Mit einer breiten
Öffentlichkeitsarbeit informiert das Werk in Publikationen und mit
Vorträgen über Christenverfolgung und ruft zu Gebet und Hilfe für
verfolgte Christen auf.
Die Arbeit von Open Doors Deutschland e.V. wird durch Spenden
finanziert. Das Werk trägt das Spendenprüfzertifikat der Deutschen
Evangelischen Allianz.
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