(ots) - Die wenigsten Wähler verstehen, worum es bei
der E-Mail-Affäre Hillary Clintons in der Sache geht. Und noch
weniger Amerikaner dürften ernsthaft um die Gefährdung von
Staatsgeheimnissen durch den Gebrauch eines privaten Servers besorgt
sein. Die Brisanz der Email-Affäre rührt von etwas anderem. Hillary
und Bill Clinton hinterlassen bei vielen Bürgern seit ihrer Zeit im
Weißen Haus den Eindruck, sie bräuchten sich nicht an Spielregeln zu
halten, die für alle anderen gelten. Während jeder Beamte des
Außenministeriums beim Gebrauch privater E-Mail für Dienstzwecke
seinen Job los wäre, tut Hillary so, als sei dies eine Lappalie. Ihre
Verteidigung klingt wie die eines erwischten Ladendiebs, der sich
darauf hinausredet, nicht der einzige Langfinger zu sein. Die andere
Wahrnehmung hat mit dem Verhältnis Hillarys zur Wahrheit zu tun.
Clinton dehnt ihre Worte wie ein Winkeladvokat, der seinen Vorteil im
Weglassen, Kleingedruckten und Wortwörtlichen sucht. Genau deswegen
trauen ihr viele nicht über den Weg, unabhängig von ihren politischen
Ãœberzeugungen. Die Kombination aus Anspruchsdenken und mangelnder
Glaubwürdigkeit macht Hillary zur Zielscheibe des populistischen
Ärgers. Ein Phänomen, das nicht nur auf die Republikaner begrenzt
ist, sondern in Bernie Sanders eine Entsprechung auf der Linken
gefunden hat. Die E-Mail-Affäre hat das Potenzial, zum Mühlstein um
den Hals einer Kandidatin zu werden, die das amerikanische
Establishment in Reinkultur repräsentiert. Das gilt erst recht, wenn
das FBI ein strafrechtliches Verfahren eröffnete. Mit Clintons
haushohen Negativwerten tritt für die Demokraten eine
Spitzenkandidatin an, die mehr als verwundbar ist. Dass sie dennoch
Favoritin im Rennen um das Weiße Haus bleibt, liegt nur daran, dass
Trump trotz seines Außenseiter-Appeals in Teilen der Wählerschaft
insgesamt noch unbeliebter ist.
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