(ots) - Wladimir Putin ist für den Westen spätestens
seit der Krim-Annexion 2014 ein Paria, ein Ausgestoßener, der nicht
mehr dazugehört, wenn sich die Mächtigsten der Welt treffen. Der
russische Präsident musste sich bei seinem Gegenprogramm mit einem
Besuch im abgewirtschafteten Griechenland begnügen. Man sollte in
Politikerseelen zwar nicht zu viel hineinpsychologisieren. Aber wenn
nicht alles täuscht, dann schmerzt Putin die weltpolitische
Außenseiterrolle mehr als alle wirtschaftlichen Sanktionen, die der
Westen verhängt hat. Dies ist der Schlüssel zum Verständnis der
russischen Außenpolitik im Allgemeinen und der russischen
Syrienpolitik im Besonderen. Man mag das im Westen nicht recht
verstehen, aber man sollte es als Tatsache in das eigene politische
Denken einbeziehen: Russland ist seit dem Zerfall des Sowjetimperiums
eine zutiefst gekränkte Nation - und Präsident Putin personifiziert
diesen verletzten Stolz wie kein Zweiter. Es geht Putin in Syrien -
und in der Ukraine - um eine besondere Spielart der imperialen
Politik, für die es im Russischen sogar ein eigenes, schwer
übersetzbares Wort gibt: Derschawnitschestwo, was so viel heißt wie
Großmachterei. Es handelt sich dabei um ein Großmachtstreben um des
Großmachtseins willen. Alles, was daraus folgt, ist eine Zugabe: die
mögliche Destabilisierung der EU durch den Flüchtlingsstrom ebenso
wie die Abwehr islamistischer Terroristen. Und die Moral von der
Geschichte? Mit dem üblichen Verständnis von Außenpolitik als
Interessenpolitik wird der Westen im Fall Russland scheitern. Es wird
deshalb Zeit für neue Politikansätze - spätestens nach der
Präsidentenwahl in den USA.
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