(ots) - Es ist schon grotesk, was in dieser Gesellschaft
alles noch debattierbar ist. Am Donnerstag verabschiedet das
Parlament voraussichtlich das neue Sexualstrafrecht, das unter dem
Schlagwort "Nein heißt Nein" diskutiert wird. Allein, dass man dafür
kämpfen muss, dass Nein Nein heißt, ist merkwürdig. Aber dann geht
der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer hin und erklärt allen
Ernstes, ein Nein könne ja auch nicht ernst gemeint sein und sei
deshalb völlig ungeeignet, den Willen des Opfers zu erkennen.
Mit anderen Worten: Nein kann ja doch wieder auch Ja heißen - und
die Frau ist wieder eine Art natürliche Masochistin, die die
Überwältigung genießt. Hallo? Funktioniert Sex bei Thomas Fischer so?
Bei mir nicht.
Für das eigentliche Problem aber, dass Frauen körperlicher
Widerstand in der Regel geradezu abtrainiert wird und ihnen manchmal
nicht mehr bleibt als ein Nein oder ein Weinen, hat er keine Lösung.
Es interessiert ihn einfach nicht.
Die stellvertretende Chefin der Zeit, Sabine Rückert, hat
ebenfalls Schwierigkeiten damit, zu erkennen, was gewollter und was
ungewollter Sex ist: "Was leidenschaftliche Liebesnacht und was
Vergewaltigung war, definiert die Frau am Tag danach", mutmaßt sie.
Man möchte nicht wissen, wie ihre leidenschaftlichen Liebesnächte
aussehen. Die Bereitschaft, in der Frau das lügnerische Wesen zu
sehen und im Mann den arglosen Aufrechten, der darüber rätselt, was
eine Frau signalisiert, die weint, ist offenbar immer noch groß.
Und das ist blanker Sexismus. Denn diese Sichtweise gibt dem
Vergewaltiger einen Freibrief und stellt das Opfer unter Verdacht.
Die Natur hat das Weib mit schwachem Verstand aber dafür mit
Verstellungskunst ausgerüstet - das ist Schopenhauer, 1850.
Anderthalb Jahrhunderte Frauenbewegung sind ja auch noch reichlich
wenig, um den Anspruch zu akzeptieren, dass man Frauen tatsächlich
ernst nehmen sollte.
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