(ots) - Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Aachener
Dom und einem Festakt im Krönungssaal des Rathauses haben die
evangelische und katholische Kirche heute das 60-jährige Jubiläum der
TelefonSeelsorge in Deutschland begangen. Die Erinnerung an die
Gründung der TelefonSeelsorge stand im Zeichen der brutalen Gewalt am
Vorabend in der Münchner Innenstadt.
Bischof Dr. Franz-Josef Bode (Osnabrück), Vorsitzender der
Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz fragte zum Beginn
des Gottesdienstes: "Wer könnte heute - nach all den Eilmeldungen
dieser Woche, ohne auf die Ereignisse in Nizza, Orlando, Würzburg und
München zu schauen - einen Gottesdienst beginnen? Die Welt scheint
aus den Fugen geraten! Die Ängste und Unsicherheiten wachsen! Unsere
Anteilnahme ist bei den Opfern und Angehörigen, die wir in besonderer
Weise in diesen Gottesdienst mitnehmen. In der jetzigen Situation ist
es umso notwendiger, dass wir ein Ohr haben für die Nöte und Ängste
der Menschen, wie die TelefonSeelsorge es seit 60 Jahren anbietet."
Die TelefonSeelsorge sei ein Netzwerk der Hoffnung, "dass sich in
Deutschland und international verborgen und verlässlich, ökumenisch
und verbunden mit vielen Menschen guten Willens gebildet hat. Ein
Netzwerk, auf das niemand verzichten möchte, ein Netzwerk, das
notwendiger ist denn je. Ein Netzwerk, das stärker ist als die
Netzwerke von Terror, Hass und Gewalt." Bischof Bode erinnerte an
jene Menschen, die in Gefangenschaft, Fremde und Entfremdung lebten:
"Auch heute leben viele Menschen entfremdet von sich selbst,
entfremdet von ihrer Umgebung oder eben neuerdings in immer größerer
Zahl als Fremde aus anderen Ländern und Kulturen unter uns." Gott
ermutige alle Menschen, sich einzulassen auf die Umgebung, "wach zu
sein für alles, was positiv ist und weiterführt, aufzubauen und
mitzugestalten, die Kräfte des Aufbruchs und Wachstums mehr zu
entdecken als sich von den Abbrüchen und negativen Erfahrungen
erdrücken zu lassen."
Der Präsident der evangelischen Diakonie, Ulrich Lilie, hob in
seiner Predigt beim Gottesdienst das Pauluswort "Freut euch im Herrn
zu jeder Zeit. Noch einmal sage ich: freuet euch" hervor. Damit sei
die Frage verbunden, was "Freude im Herrn" heute in einer säkularen
und multireligiösen Gesellschaft für manche bedeuten mag. "Die Bibel
bringt die Stimmen der schon lange Verstummten in unsere flüchtige
Gegenwart, in den Resonanzraum unserer Tage. Und gleichzeitig treten
unser Denken und Empfinden ein in den Resonanzraum der Bibel. Was es
da alles zu hören gibt! Herz und Horizont weiten sich für ganz
unterschiedliche Erfahrungen mit Gott - gestern und heute", so
Präsident Lilie. Der dem Jubiläum der TelefonSeelsorge vorangegangene
internationale Kongress habe sich mit dem Thema Suizidprävention
letztlich auch um das "Hören" gedreht. "Viele unter Ihnen haben schon
Gespräche mit lebensmüden Menschen geführt, nach deren Abschluss Sie
nicht wissen konnten, was der Mann, die Frau als nächstes tun würde.
Es sind Momente großer Hilflosigkeit, die Sie dann aushalten müssen.
Wenn man Freude befehlen könnte, wie einfach wäre Ihre Arbeit!" Jeder
kenne Situationen, in denen der Einfluss, den man auf andere Menschen
habe, eine Grenze finde. Präsident Lilie fügte hinzu: "Menschen sind
die Ohren Gottes, wenn wir uns dem Leid der anderen nicht
verschließen. Hier und heute in dieser Kirche in Aachen sitzen viele
von ihnen. Männer und Frauen, die ihre Ohren, ihre Zeit,
Aufmerksamkeit, Zuwendung, ihre Lebenserfahrung und ihre
Professionalität den Menschen schenken, die nur noch eine
Telefonnummer haben, die sie wählen können."
Beim Festakt würdigte Ruth Belzner, Vorsitzende der Evangelischen
Konferenz für Telefonseelsorge, den Einsatz im Ehren- und Hauptamt:
"Es ist absolut beeindruckend für mich, diese bunte, lebendige
Vielfalt von Telefonseelsorgern und Telefonseelsorgerinnen zu
erleben, die sich miteinander verbunden fühlen durch den Dienst, den
sie tun. Telefonseelsorge ist an ihrem 60. Geburtstag begeisternd
jung!" Der Vorsitzende der Katholischen Konferenz Telefonseelsorge,
Michael Hillenkamp, sagte: "Zuhören heißt nicht immer zustimmen, aber
es verlangt die Mühe, sich in die innere Welt des Fremden, des
Anderen mitnehmen zu lassen. Das ist täglich die Leistung aller
Telefonseelsorgerinnen und Telefonseelsorger."
Hannover, 23. Juli 2016
Pressestelle der EKD
Pressekontakt:
Carsten Splitt
Evangelische Kirche in Deutschland
Pressestelle
Stabsstelle Kommunikation
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: presse(at)ekd.de