(ots) - Bonner Ökonom glaubt nicht an Gläubigerhaftung /
EU-Regeln sind "unrealistisch"
Berlin, 17. August 2016 - Nach Ansicht des Bonner Ökonomen und
Bestseller-Autors Martin Hellwig werden auch in künftigen
Finanzkrisen Staaten und damit die Steuerzahler für marode Banken
einstehen müssen. "Ohne den Staat wird es nicht gehen", erklärte
Hellwig gegenüber dem Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 9/2016;
EVT 18. August 2016). Das Prinzip aus der europäischen Bankenunion,
dass zuerst die Gläubiger einer Bank mit ihren Einlagen und
Forderungen für deren Sanierung herhalten sollten, sei "im Prinzip
gut, aber unrealistisch". Letztlich könne nur der Staat eine große
und international vernetzte Bank sanieren oder abwickeln. "Dass in
all den neuen Regeln immer so getan wird, als brauche man den Staat
nicht, das halte ich für Selbstbetrug", sagte Hellwig weiter.
Das deutsche Modell, angeschlagenen Banken faule Kredite
abzunehmen und diese wie im Fall der HRE über so genannte Bad Banks
abzuwickeln, sei ein Fehler, so Hellwig. Aus Angst vor dem Vorwurf
der Verstaatlichung wähle Deutschland damit stets den teureren Weg:
Der Preis bei der Ãœbergabe fauler Papiere an die Bad Bank sei "meist
zu hoch, so dass die Banken auf Kosten des Steuerzahlers einen
Reibach machen". Stattdessen sollte auch der deutsche Staat im
Notfall eine angeschlagene Bank lieber gleich verstaatlichen und
notfalls abwickeln.
Der profillierte Banken-Kritiker, der 2013 mit der US-Ökonomin
Anand Admati den Bestseller "Des Bankers neue Kleider" veröffentlicht
hatte, sagte, gerade der europäische Bankensektor habe seit 2008 nur
geringe Fortschritte bei der Bewältigung der Krise gemacht. So hätten
die Banken nach wie vor zu wenig Eigenkapital und könnten wegen des
scharfen Wettbewerbs keine Gewinne machen. Zudem hätten viele Banken
ihre Verluste aus faulen Kreditgeschäften noch nicht ordentlich
bilanziert: "Ich glaube, dass es immer noch etliche Leichen in den
Bilanzen gibt. Die Krise ist noch nicht abgearbeitet."
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