(ots) - Prof. Dr. Thomas Fischer, Vorsitzender Richter des
2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, entgegnet im Mediendienst
kress.de der Kritik an seinen kritischen Bemerkungen zur
Berichterstattung der Medien über Strafjustiz. Dazu schreibt er:
"Journalisten merken - wie dieser Fall einmal mehr zeigt - vor lauter
stereotyper Voreingenommenheit, reflexhaftem Repetitionszwang und
narzisstischer Selbstgewissheit noch nicht einmal mehr, wenn draußen
vor Ihrem Fensterlein jemand mit aller Kraft und ziemlich gutem
Willen ihr eigenes Anliegen unterstützt."
In seinem kress.de-Gastkommentar schreibt Thomas Fischer unter
anderem:
"Ist jemals jemand durch Dabeisitzen bei Mandeloperationen zum
Sachverständigen für HNO-Medizin mutiert? Gibt es Menschen, die durch
das bloße Interviewen von Tischtennisspielern Olympiasieger am Reck
geworden sind? Gibt es eine Ausbildungsmethode, die durch
das Betrachten von Nobelpreisverleihungen zum Diplom in Mathematik
führt?
Ich meine vorerst: Nein. Daher würde es mich auch außerordentlich
erstaunen, wenn jemand durch das Herumsitzen in Gerichtssälen
irgendeine vertiefte Kenntnis vom im Einzelfall anzuwendenden
materiellen Recht, dem Prozessrecht, der Psychiatrie,
der Glaubhaftigkeitspsychologie gewinnen könnte und obendrein sogar
noch zur psychologischen Ferndiagnostik von Richtern, Beschuldigten
und Zeugen fähig wäre. Niemand verlangt das von Menschen, die keine
Ahnung haben. Das ändert aber nichts daran, dass man
ihre Arbeitsergebnisse kritisieren darf.
Ich bleibe dabei: Die lokale Gerichtsberichterstattung ist häufig
von einem herablassenden, distanzlosen Ton gekennzeichnet. Die Motive
der handelnden Personen werden als lächerlich oder belanglos
hingestellt, ihr Auftreten vor Gericht als unbeholfen, ihre
Einlassungen als lustig. Die Berichte wirken oft, als erzählten sie
von der letzten Fernseh-Gerichtsshow. Wenn über Verfahrensfragen
überhaupt einmal berichtet wird, sind die Schilderungen
und Erläuterungen oft grob falsch und ersichtlich am Konsum
amerikanischer Filme ausgerichtet."
Der ganze Beitrag von Prof. Dr. Thomas Fischer auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3k1
In dem Mediendienst kress.de waren die Aussagen von Prof. Dr.
Thomas Fischer in einem Interview mit dem Deutschlandfunk intensiv
diskutiert worden.
Prof. Dr. Frank Ãœberall, Vorsitzender des Deutschen
Journalisten-Verbands, erklärte auf kress.de:
"Die lokale Gerichtsberichterstattung so pauschal charakterisieren
zu wollen ist genauso unfair wie alle Richter über einen Kamm zu
scheren. In allen Berufen gibt es Menschen, die diesen herausragend
gut machen und andere, die diesen grottenhaft schlecht machen. Bei
Richtern ist das so, und bei Journalisten natürlich auch."
Der ganze Beitrag mit Prof. Dr. Frank Ãœberall auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3jy
Prof. Dr. Joachim Jahn, Mitglied der Schriftleitung der "Neuen
Juristischen Wochenschrift" und davor "FAZ"-Redakteur, schreibt auf
kress.de:
"Der Vorwurf der "unterschichtenorientierten
Medienberichterstattung über Straftaten", den Fischer
glücklicherweise selbst relativiert, geht ins Leere, passt allerdings
zu seinem häufig gemalten Bild von Klassengesellschaft und
Klassenjustiz. Mindestens genauso ausschweifend und penetrant haben
sich Gazetten und ihre Internet-Ableger ausgebreitet über
tatsächliche oder angebliche Verfehlungen von Wirtschaftsgrößen wie
beispielsweise Thomas Middelhoff - oft vorverurteilend und
skandalisierend wie in der Yellow Press; mitunter abstoßend und an
der Grenze zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten."
Der ganze Beitrag von Prof. Dr. Joachim Jahn auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3jx
Gisela Friedrichsen, Gerichtsreporterin beim Nachrichtenmagazin
"Der Spiegel", schreibt auf kress.de:
"Fischer macht den Fehler, den er bei anderen so gern hämisch
aufspießt. Er äußert sich über Dinge, von denen er, der geniale und
hochkompetente Jurist in der Komfortzone richterlicher
Unabhängigkeit, nichts versteht. Dazu gehört der Journalismus und vor
allem dessen heutige Praxis. Seine persönlichen Erfahrungen als
Kommentator bei "Zeit" und "Zeit online", wo ihm sichtlich keine
Grenzen gesetzt werden, sollte er dabei nicht zum Maßstab nehmen. Ein
Fehler übrigens, der bei Richtern oft vorkommt."
Der ganze Beitrag von Gisela Friedrichsen auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3jw
Stefan Bergmann, Chefredakteur der "Emder Zeitung", schreibt auf
kress.de:
"Ich habe glänzende Volontäre erlebt, die dem Leser
Gerichtsberichte zelebriert haben. Und viele Kollegen, die es mit dem
Ethos des Journalisten, mit der Wächter-Funktion und dem Pressekodex
sehr ernst nehmen. Sie haben auch eine Haltung und menschliche
Qualitäten - nicht nur im Umgang mit gescheiterten Menschen. Wie oft
habe ich mit Kollegen über Kriminalfälle und ihre juristische
Aufarbeitung diskutiert."
Der ganze Beitrag von Stefan Bergmann auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3k0
Thomas Meyer, Medienredakteur beim SWR, schreibt auf kress.de:
"Der ehrenwerte Herr Senatsvorsitzende am Bundesgerichtshof,
Thomas Fischer, bläst mal wieder mächtig heiße Luft ins Sommerloch;
dabei bietet ihm der Zeitverlag doch Raum und Zeit genug, sich zu
verbreiten. Nun gut. Er wurde gefragt im Deutschlandfunk und hat
geantwortet. Fischer bleibt aber die Beispiele schuldig. Er verkennt
völlig die Realität in den Lokalredaktionen, worauf Gisela
Friedrichsen bereits hingewiesen hat."
Der ganze Beitrag von Thomas Meyer auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3jv
Volker Warkentin, Autor von kress.de, schreibt:
"Juristen neigen zu Fachchinesisch oder Bürokratendeutsch. Mich
entsetzt noch immer die Formulierung "Unter Vorhaltung einer Waffe
zwang er sie zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs", der vor
einigen Jahren in der Terminvorschau des Kriminalgerichts
Berlin-Moabit auf einen Vergewaltigungsprozess hinwies. Sätze wie
dieser machen deutlich, dass es Defizite auf beiden Seiten gibt.
Hilfreich wären mehr Justizsprecherinnen und Justizsprecher, die
Journalisten auch die kompliziertesten Sachverhalte
allgemeinverständlich und zum Nutzen des Publikums erklären können."
Der ganze Beitrag von Volker Warkentin auf kress.de:
http://nsrm.de/-/3jz
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