(PresseBox) - Das Teilen von Beiträgen und Postings, also von Bildern, Texten etc. gehört zur Nutzung von Social Media, wie das Schloss zu Karlsruhe. Social Media-Plattformen leben hauptsächlich von dieser Möglichkeit, dass sich Inhalte durch Klicks verbreiten und man die eigenen Follower, Freunde etc. über bestimmte Dinge auf dem Laufenden halten kann.
Wenn wir uns diesem ganz alltäglich gewordenen Phänomen rein rechtlich nähern, dann stellen wir fest, dass eigentlich alle Beiträge in Social Media geschützt sind, zumindest über das Urheberrecht, teilweise noch flankierend über das Markenrecht, das Persönlichkeitsrecht, das Namensrecht etc.
Dann führen wir uns vor Augen, dass bspw. zur Begehung einer Urheberrechtsverletzung kein Verschulden vorliegen muss, also eine Rechtsverletzung auch schon dann vorliegt, wenn man ?in gutem ?Glauben? davon ausgeht, dass der ursprüngliche Ersteller des Beitrages schon alle Rechte daran haben wird oder man sich denkt, dass man schon berechtigt sein wird, den Inhalt zu teilen oder, dass man sich überhaupt keine Gedanken dazu macht. Das alles ist also für die Frage einer Verletzung des Urheberrechts an einem solchen Beitrag irrelevant.
Diese Überlegungen führen zu dem Zwischenergebnis, dass die Nutzung von Social Media per se erst einmal rechtlich nicht ganz unproblematisch ist. Das wiederum führt dazu, dass viele der ganz selbstverständlichen Handlungen auf solchen Plattformen zumindest Gegenstand von Gerichtsverfahren und damit auch von Urteilen werden können, wobei es naturgemäß noch sehr viele weiße Flecken auf der Landkarte der Rechtsverletzungen in Social Media gibt.
Wenn wir uns jetzt eine ganz bestimmte Handlung, nämlich das ?Teilen? anschauen, dann kann es neben den genannten rechtlich umstrittenen Punkten auch darum gehen, ob man sich beispielsweise dadurch, dass man einen Beitrag teilt, diesen Beitrag so ?zu Eigen macht?, dass man für den Inhalt des Beitrages haftet. Das wird dann relevant, wenn der geteilte Beitrag entweder unwahre Tatsachenbehauptungen oder sogar Beleidigungen, Verleumdungen, Schmähkritik o.ä. enthält. Als aktuelles Beispiel kann man sich also den Fall vorstellen, dass jemand bei Facebook das Video mit dem Schmähgedicht von Jan Böhmermann teilt. Macht dieser Jemand sich dadurch den Inhalt, die Schmähkritik selbst, also so zu eigen, dass er selbst für diesen Inhalt haftet?
Das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main hatte jetzt so einen Fall zu entscheiden. Und es entschied sich gegen die Haftung des Teilenden. Das Argument war, dass sich die Grundsätze der Rechtsprechung zur Haftung für Hyperlinks nicht übertragen lassen. Zwar sei das ?Teilen? dem Verlinken ähnlich, jedoch reduziere sich der Aussagegehalt des Teilens auf den Hinweis an Andere auf die geteilten Drittinhalte. Diese bloße Hinweisfunktion führe nicht zu einem ?zu eigen machen? der Inhalte und damit auch nicht zu einer eigenen Haftung des Teilenden für diese Inhalte.
(OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 26.11.2015, Aktenzeichen 16 U 64/15)
Im Ergebnis darf ich also zumindest nach dieser Rechtsmeinung das Video mit dem Schmähgedicht gegen Herrn Erdogan teilen ohne, dass ich für den Inhalt desselben verantwortlich gemacht werden kann.
Wichtig: Solche Urteile befassen sich immer mit konkreten Sachverhalten. Man darf also nicht den Fehler machen zu glauben, dass das Teilen von Beiträgen immer zulässig ist. Ganz im Gegenteil. Mit dem Urteil aus Frankfurt ist beispielsweise keine Aussage darüber getroffen, ob das Teilen zu einer Haftung für Urheberrechtsverletzungen u. ä. führt. Das dürfte nämlich ohne Zweifel zu bejahen sein. Es ging in dem Fall gerade nicht um solche Fragen sondern, nur um die Frage der Haftung für den Inhalt eines geteilten Beitrages!
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Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
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