(ots) - Wir sind Zeugen eines Lehrstücks. Es führt uns
die Usancen einer Branche vor Augen, in der die Maßstäbe total
verrutscht oder längst verloren gegangen sind. Im milliardenschweren
Unterhaltungsbetrieb Fußball sind 5,5 Millionen Euro tatsächlich
Peanuts. Kleingeld, für dessen Herkunft und Verbleib sich höchstens
Steuerfahnder, Betriebsprüfer und ähnlich engstirnige Charaktere
interessieren. Franz Beckenbauers Erklärungsversuche mögen hilflos
bis hanebüchen klingen, aber sehr wahrscheinlich verhielt es sich
tatsächlich so: Solche Petitessen spielen sich jenseits eines
kaiserlichen Wahrnehmungshorizonts ab. Gut möglich, dass sich
Beckenbauer die ganze Zeit auf ehrenamtlicher Mission wähnte. Wer
außer ihm, der Lichtgestalt, hätte denn bittschön solch potente
Sponsoren ins WM-Boot holen können? Und was hätte er erst
eingestrichen, wenn er sich komplett auf eigene Rechnung als
Werbefigur hätte anheuern lassen? Im Fall Beckenbauer mag die
Leichtfertigkeit halbwegs plausibel sein, im Fall des Deutschen
Fußball-Bundes und vor allem des WM-Organisationskomitees löst sie im
Nachhinein nur noch Kopfschütteln aus. Auf das Geschäftsgebaren des
Gremiums, in dessen Aufsichtsrat unter anderen die damals amtierenden
Bundesinnenminister Otto Schily und Wolfgang Schäuble saßen, trifft
wohl das Wort abenteuerlich zu. In der zentralen WM-Affäre vermochte
selbst die Kanzlei Freshfields in monatelangen Recherchen nicht den
Finanzdschungel zu lichten, in dem die 6,7-Millionen-Gabe des
verstorbenen Unternehmers Robert Louis-Dreyfus verschollen ist. Für
eine Manipulation gebe es keine Beweise, ausgeschlossen sei eine
solche nicht, heißt es in dem Report. Auf Beckenbauer-Deutsch: Nix
Genaues weiß man nicht. Franz Beckenbauers Verdienste sind
unbestritten. Zur Beurteilung seiner Person mag nun jeder - ähnlich
wie im Fall des in der Parteispendenaffäre schwer beschädigten
Altkanzlers Helmut Kohl - jene Kriterien heranziehen, die er für
gewichtiger hält.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten(at)mittelbayerische.de