(ots) - Als der rauhbeinige US-Präsidentschaftsbewerber
Donald Trump kürzlich wetterte, Deutschland komme seinen
Verpflichtungen zur Zahlung an die USA nicht nach, rümpften wohl
nicht nur Verteidigungsexperten diesseits und jenseits des Atlantik
die Nase. Dass die Mitgliedsstaaten des Nordatlantik-Paktes ihre
Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung in eigener Verantwortung
festlegen, war dem Möchtgern-Präsidenten offenbar nicht bekannt.
Freilich steckt in der Kritik insofern ein Körnchen Wahrheit, als
Deutschland weit hinter dem angestrebten Nato-Ziel bei den
Wehrausgaben zurückbleibt. Statt derzeit über 30 Milliarden Euro für
die Bundeswehr müsste Berlin rund 60 Milliarden Euro pro Jahr in den
Wehretat stecken. Doch das ist politisch und auch finanziell eine
Illusion. Zugleich ist immer wieder die Forderung zu hören, das
wirtschaftlich starke Deutschland müsse sich stärker militärisch
engagieren, etwa in Auslandseinsätzen. Vor knapp zwei Jahren äußerten
deutsche Spitzenpolitiker auf der Münchner Sicherheitskonferenz die
grundsätzliche Bereitschaft dazu, von Steinmeier, von der Leyen bis
Gauck. Aber ist der vermeintliche Schlachtruf "Deutsche an die
Front!" auch sinnvoll? Die Erfahrungen der vergangenen Jahre mit
zahlreichen Auslandseinsätzen haben eher Besinnung, Realismus, ja
Demut gelehrt. Allen voran der ziemlich erfolglose
Afghanistan-Einsatz, in den Deutschland in der großen Empörung über
die Anschläge vom 11. September 2011 gewissermaßen in Bündnistreue
hineingestolpert ist. Kanzler Gerhard Schröder konnte seinerzeit
allerdings gar nicht anders, als auch deutsche Soldaten an den
Hindukusch zu entsenden. Nach den furchtbaren Bildern der
einstürzenden Twin-Towers von New York, nach dem Terror der Al
Kaida-Mörder, konnte sich Deutschland dem "Bündnisfall" nicht
entziehen. In der Folge jedoch wurde die Bundeswehr immer mehr in
schlimme Kampfeinsätze verwickelt. Allein in Afghanistan starben
dabei über 50, bei Auslandseinsätzen insgesamt über 100 deutsche
Soldaten. Und viele kehrten verwundet und traumatisiert zurück. Von
ihnen ist leider viel zu wenig die Rede, ihnen wird viel zu wenig der
Weg zurück ins "normale" Leben geebnet. Ohne dass es von der
Regierung offen benannt wird, wird seit Afghanistan auch so etwas wie
eine Trendumkehr betrieben. Statt auf Kampfeinsätze mit hohen Risiken
und Verlusten, wird mehr auf logistische Unterstützung der
militärischen Akteure in den Krisengebieten, auf Waffenlieferungen,
Beobachtung und Aufklärung, auf Ausbildung der Kämpfer vor Ort
gesetzt. So etwa im Fall von Syrien und Irak, wo Bundeswehrangehörige
gewissermaßen "hinter der Front" im Einsatz sind, wo deutsche
Aufklärungs-Tornados Daten für die alliiierten Luftstreitkräfte
liefern. Es ist mit dieser zurückhaltenden Taktik zumindest gelungen,
das Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr aus der heißen
innenpolitischen Debatte heraus zu halten. Allerdings ist den
kriegerischen Auseinandersetzungen, dem Morden von Terroristen nicht
ausschließlich mit Verhandlungen, mit Brückenbauen und Brunnenbohren
beizukommen. Es müssen notfalls auch entschlossen militärische
Maßnahmen ergriffen werden. Dass der Strom der Flüchtlinge so stark
anschwoll, hat auch mit der Unfähigkeit der zivilisierten Welt zu
tun, dort Frieden zu erzwingen. Die Bundeswehr wird sich weiter an
Auslandseinsätzen beteiligen müssen. Allerdings nur an
wohlüberlegten. Den Soldatinnen und Soldaten, die in diese Einsätze
gehen, gebührt unser Dank.
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