Angemessene Regelung der Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag
(PresseBox) - 1. Die Intention des Gesetzgebers bei der Neuregelung zum Werkvertragsrecht
Basis für die Beschäftigung des Gesetzgebers mit Werkverträgen ist der Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode vom 16.12.2013. Dieser enthält in Kap.2 S.69 die folgende Vereinbarung :
Zur Erleichterung der Prüftätigkeit von Behörden werden die wesentlichen durch die Recht-sprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz gesetzlich niedergelegt.
? Die Zielsetzung der geplanten gesetzlichen Regelegung liegt darin, die Prüftätigkeit von Behörden zu erleichtern.
? Dieses Ziel ist dadurch zu erreichen, dass man von den durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßem und missbräuchlichem Fremdpersonaleinsatz ausgeht
? und diese Abgrenzungskriterien dann gesetzlich niedergelegt.
Damit ist das Regelungsprogramm für den Gesetzgeber vorgezeichnet
2. Die zwei betroffenen Abgrenzungsbereiche
Im Rahmen gesetzlich zu regelnder Abgrenzung sind bei Durchführung von Fremdpersonaleinsatz im Werkvertragsrecht zwei Bereiche zu unterscheiden:
? Es geht zum einen um die Abgrenzung des Einsatzes von Fremdunternehmen in Einsatzunternehmen, der erfolgen kann
- durch Arbeitnehmerüberlassung
- sowie durch werkvertragliche Gestaltung.
 Â
? Es geht zum Anderen um den Einsatz einzelner Personen bei anderen Personen oder Unternehmen durch
- ein Arbeitsverhältnis
- oder eine selbständige werkvertragliche (oder hier nicht zu behandelnde dienstvertragliche) Tätigkeit für den Auftraggeber
 Â
Die beiden Abgrenzungsbereiche wurden im Gesetzesvorschlag an unterschiedlicher Stelle behandelt.
? Die Abgrenzung beim Einsatz von Fremdunternehmen bei § 1 Abs. 1 AÜG
? und der Einsatz einzelner Personen bei § 611a BGB
 Â
3. Die gesetzliche Neuregelung beim Einsatz von Fremdunternehmen im Einsatzunternehmen
3.1 Arbeitnehmerüberlassung
Soweit es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt, soll jetzt folgendes gelten
§ 1 Abs. 1 AÜG n.F.
Arbeitnehmerüberlassung, Erlaubnispflicht
(1) Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung) wollen, bedürfen der Erlaubnis. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen ?
Während die Überschrift zum bisherigen § 1 AÜG lediglich den Begriff Erlaubnispflicht enthielt, soll die Überschrift zu § 1 AÜG n.F. künftig lauten: Arbeitnehmerüberlassung, Erlaubnispflicht.
Durch diese Formulierung der Überschrift zu § 1 AÜG n.F. wird bereits hervorgehoben, dass in § 1 AÜG n.F. künftig nicht nur die Erlaubnispflicht im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung geregelt sein wird, sondern die Arbeitnehmerüberlassung selbst erläutert.
Diese Erläuterung besteht darin, dass Arbeitnehmerüberlassung anzunehmen ist, wenn die Arbeitnehmer
in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Regelungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AÜG ist die Formulierung in der Gesetzesbegründung Bundestagsdrucksache 18/9232 bei B. Besonderer Teil zu Art 1 (Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes) S. 18. Hier heißt es zutreffend zur Überschrift zu § 1 AÜG n.F.:
Dort werden neben der Erlaubnispflicht der Arbeitnehmerüberlassung auch Kernelemente der Arbeitnehmerüberlassung geregelt. Dem wird durch die ergänzte Überschrift Rechnung getragen.
Â
3.2 Werkvertragliche Gestaltung
Zur werkvertraglichen Gestaltung sagt die neue Gesetzesfassung expressis verbis an sich nichts.
Zu dem Klammerzusatz in § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG n. F. wird aber an gleicher Stelle in der Begründung ausgeführt, dass durch diesen Klammerzusatz die Legaldefinition der Arbeitnehmerüberlassung hervorgehoben wird. Sehr bedeutsam ist dann, die folgende Ausführung in der Begründung:
Der bisherige Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und die Reichweite der Erlaubnispflicht werden hierdurch nicht verändert.
Ebenso bezieht man sich hinsichtlich der Regelung des Satzes 2 von § 1 Abs. 1 AÜG n. F. auf die gegenwärtige Rechtsprechung mit folgender Ausführung:
Die Regelung bestimmt entsprechend der Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer überlassen wird und dient damit der Abgrenzung zwischen dem Einsatz eines Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung und als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Werk- bzw. Dienstvertrags.
Eindeutig ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzesentwurf sich strikt an der Regelung im Koalitionsvertrag orientiert, wonach die durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien ? gesetzlich niedergelegt werden sollen.
Der maßgebliche Regelungsgehalt des Entwurfs ist also wie folgt aus der Begründung zu entnehmen:
? Der bisherige Anwendungsbereich des AÜG und die Reichweite der Erlaubnis-pflicht werden ? nicht verändert.
? Die Regelung des Satzes 2 von § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG n. F. soll entsprechend der Rechtsprechung regeln, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer überlassen wird.
? Hinsichtlich der Rechtsprechung wird generalisierend darauf abgestellt, dass beim Fremdpersonaleinsatz Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wenn die Leiharbeitnehmerin oder der Leiharbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert ist und seinen Weisungen unterliegt. Ob dies der Fall ist, also eine Eingliederung der Arbeitnehmer des Fremdbetriebs vorliegt und die Arbeitnehmer des Fremdbetriebs der Weisung des Einsatzbetriebs unterliegen, ist anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen.
Im Rahmen dieser Wertung ist also zu berücksichtigen, wie die Rechtsprechung bisher die Eingliederung in dem Einsatzbetrieb und dessen Weisungen behandelt hat. Sie hat dazu fortlaufend eine vollständige Eingliederung und eine alleinige Weisungsbefugnis des Einsatzbetriebes verlangt.
 Â
3.3 Bestätigung der bisherigen Abgrenzung durch den Ausschuss für Arbeit und Soziales
Dass der dargestellte Regelungsgehalt des Gesetzesentwurfes so zu verstehen ist, wird durch die Ausführungen des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales in dessen Beschlussempfehlung und Bericht vom 19.10.2016 (Bundestag Drucksache 18/10064) auf S. 13 ausdrücklich bestätigt, wo ausgeführt wird:
Ferner wurde festgestellt, dass mit der Definition der Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG die derzeitige Rechtslage nicht geändert werden solle ? Die Neuregelung solle dem sachgerechten Einsatz von Werk- und Dienstverträgen in den zeitgemäßen Formen des kreativen oder komplexen Projektgeschäfts nicht entgegenstehen ? Es solle nach dem Verständnis der Ausschussmehrheit entsprechend der bisherigen Praxis eine wertende Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, ob unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers erfolge. Dies habe man auch in der Gesetzesbegründung ausdrücklich aufgegriffen.
Â
3.4 Fazit : Unveränderte Maßgeblichkeit der bisherigen Rechtsprechung
Im Rahmen der Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag kommt es aufgrund des wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände in Zukunft genauso wie bisher darauf an, dass die Fremdarbeitnehmer vollständig in den Einsatzbetrieb eingegliedert sind und allein seinen Weisungen unterliegen (vergl. Zu der zunächst kritisch gesehenen Entwicklung Hansjuergen Tuengerthal und Christian Andorfer, Neue Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag? Betriebsberater 2016 S.1909.
Â
4. Die vorgesehene Abgrenzung des Einsatzes Einzelner nach § 611a BGB n. F.
Der Fremdpersonaleinsatz einzelner Personen ist im vorgesehenen § 611a BGB, also an ganz anderer Stelle, erfasst. Der dazu zunächst im Referentenentwurf vom 17.11.2015 vorgelegte § 611a BGB n. F., hat zu einem erheblichen, rechtlich begründeten Widerstand aus Wirtschaft und Wissenschaft geführt (Hansjuergen Tuengerthal, Christian Andorfer und Janine Geiser, Überschreitung des Koalitionsvertrages durch den geplanten § 611a BGB, Blickpunkt Dienstleistung 12/2015 sowie 1/2016). Er wurde schließlich durch einen Neufassung im Gesetzesentwurf § 611a BGB vom 17.02.2016 (Bundestagdrucksache) ersetzt und wiederum in jetziger Fassung noch geringfügig modifiziert. Diese Vorschrift lautet:
§ 611a BGB
Arbeitsvertrag
(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Die Regelung ist beim Einsatz einzelner Personen für andere oder einen Einsatzbetrieb hinnehmbar weil sie sich weitgehend an der Rechtsprechung orientiert.
Da auch in dieser Regelung vorgesehen ist, dass eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen ist, ist auf diese Art und Weise auch auf die bisherigen Gesichtspunkte abzustellen, die in der Rechtsprechung für die Abgrenzung zugrundegelegt werden.
5. Schlussbemerkung: Keine Veränderung der Rechtslage
Zusammenfassend ist zu sagen: Wenn Werkverträge sachgerecht formuliert werden und ihre Abwicklung durch regelmäßige Begehung durch Fremdexperten auch in der Tat werkvertraglich sichergestellt wird, kann die Wirtschaft mit den hier angesprochenen neuen Regeln durchaus leben, da eine Veränderung der Rechtslage nicht eingetreten ist.
Die AWZ - Arbeitsgemeinschaft Werkverträge und Zeitarbeit - ist eine Initiative der Kanzlei Prof. Dr. Tuengerthal, Andorfer, Greulich & Prochaska und ein Zusammenschluss von Experten und Unternehmen verschiedenster Branchen in allen Bereichen des Fremdpersonaleinsatzes, Unsere Mitgliedsunternehmen profitieren von Seminaren, Veröffentlichungen, Rundschreiben und Vorträgen über aktuelle Entwicklungen aus dem Werkvertrags-, Arbeitnehmerüberlassungs- und europäischen Sozialrecht. Die enge Kooperation der Arbeitsgemeinschaft mit der Kanzlei Prof. Dr. Tuengerthal, Andorfer, Greulich & Prochaska, die auf eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich des Werkvertrags- und Zeitarbeitsrechts zurückblickt, gewährleistet dabei eine ganzheitliche und hochkompetente juristische Beratung.
Näheres erfahren sie unter
www.werkvertrag-zeitarbeit.de
www.protag-law.com
Die AWZ - Arbeitsgemeinschaft Werkverträge und Zeitarbeit - ist eine Initiative der Kanzlei Prof. Dr. Tuengerthal, Andorfer, Greulich & Prochaska und ein Zusammenschluss von Experten und Unternehmen verschiedenster Branchen in allen Bereichen des Fremdpersonaleinsatzes, Unsere Mitgliedsunternehmen profitieren von Seminaren, Veröffentlichungen, Rundschreiben und Vorträgen über aktuelle Entwicklungen aus dem Werkvertrags-, Arbeitnehmerüberlassungs- und europäischen Sozialrecht. Die enge Kooperation der Arbeitsgemeinschaft mit der Kanzlei Prof. Dr. Tuengerthal, Andorfer, Greulich & Prochaska, die auf eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich des Werkvertrags- und Zeitarbeitsrechts zurückblickt, gewährleistet dabei eine ganzheitliche und hochkompetente juristische Beratung.
Näheres erfahren sie unter
www.werkvertrag-zeitarbeit.de
www.protag-law.com