(ots) - Alles spricht dafür, dass Frank-Walter Steinmeier
der nächste Bundespräsident und damit Nachfolger von Joachim Gauck
wird. Das ist eine gute Entscheidung. Steinmeier ist ein kluger Mann,
erfahren, äußerst beliebt. Ein Mann der Worte, ein überzeugter
Europäer, über die Parteigrenzen hinaus geschätzt und respektiert.
Bundespräsident Gauck wird große Schuhe hinterlassen, denn seine
Amtszeit war und ist erfolgreich. Steinmeier dürfte am ehesten in der
Lage sein, ein würdiger Nachfolger zu sein. Alles gut also? Nicht
ganz.
Denn unabhängig von der richtigen Entscheidung für Steinmeier ist
es angebracht, die Kandidatensuche der vergangenen Monate zu
beleuchten. Sie zog sich zuletzt quälend hin und lieferte den
Kritikern politischer Kungeleien zusätzliche Argumente. In Zeiten, in
denen "die da oben" kritischer denn je beäugt werden, musste eine
Lösung her. Quasi auf der letzten Rille kam es zu einer Einigung, so
dass das Amt des Bundespräsidenten fast beschädigt worden wäre. Zudem
bestätigte sich, dass Kanzlerin Angela Merkel beim Personal fürs
höchste Staatsamt keine glückliche Hand hat. Im Gegenteil. Nachdem
Joachim Gauck im Frühsommer seinen Verzicht auf eine zweite Amtszeit
verkündet hatte, wurde schnell klar, dass die Kanzlerin erneut in die
Bredouille kommen könnte. Die Amtszeiten ihrer früheren
Wunschkandidaten Horst Köhler und Christian Wulff verliefen
unglücklich, den erfolgreichen Gauck hingegen wollte sie eigentlich
nicht. Den Ausschlag für ihn gab der damalige Koalitionspartner FDP.
Jetzt setzte Merkel auf einen gemeinsamen Kandidaten der Großen
Koalition und wurde von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel vorgeführt.
Dessen überraschender Vorstoß für Steinmeier war zwar unhöflich und
wenig loyal, offenbarte aber eine Schwachstelle im System Merkel. Sie
fand in der Union und außerhalb von CDU/CSU wieder keinen geeigneten
Kandidaten. Und diejenigen, die sie im Blick hatte, winkten aus
verschiedensten Gründen ab. Nein, das wollten sich viele nicht antun.
Und, auch das gehört zur Wahrheit, so mancher wollte einem dritten
Wahlgang und einer möglichen Niederlage gegen Steinmeier aus dem Weg
gehen. Insofern landete Sigmar Gabriel einen Coup, der seine Position
innerhalb der SPD stärken dürfte. Zudem läuft im Außenministeramt
alles auf Martin Schulz zu, derzeit Präsident auf Abruf im
Europaparlament und ein Mann, von dem sich die SPD im bevorstehenden
Bundestagswahlkampf neue Impulse erhofft. Wer weiß, vielleicht wird
er sogar SPD-Kanzlerkandidat, falls Gabriel sich keine Hoffnungen auf
einen Erfolg machen kann.
Nun mag man kritisieren, dass das Bundespräsidentenamt nicht zur
parteitaktischen Profilierung tauge. Doch das ist weltfremd. Es war
nie anders und wird nicht anders sein, solange die politische
Willensbildung im Wesentlichen über Parteien erfolgt, wie es das
Grundgesetz bekanntlich vorsieht. Insofern könnte die Personalie
Steinmeier auch ein Signal für die Bundestagswahl sein. In der CDU
fand sich kein geeigneter Kandidat - was im Übrigen viel über den
personellen Zustand der Christdemokraten aussagt. Und die CSU tat
alles, um den ebenfalls als Kandidaten gehandelten
baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zu
verhindern. Ein grüner Bundespräsident, gewählt mit schwarzen
Stimmen! Was wäre das für ein Signal gewesen. Dann lieber ein Wink in
Richtung Große Koalition. Doch fernab von möglichen Mehrheiten nach
der Bundestagswahl gilt schon heute eine Prognose als sicher:
Frank-Walter Steinmeier wird ein überzeugender, ein würdiger
Bundespräsident sein.
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