(ots) - Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dürfte als
bekennende Freundin des Gesellschaftsspiels mit der misslichen
Konstellation einer Zwickmühle vertraut sein. Welchen Zug man auch
wählt, er verheißt kein Entkommen aus einem Dilemma. Krafts
Vertrauter und Innenminister Ralf Jäger hat am Donnerstag deutlich
gemacht, dass er im Amt bleiben will. Obwohl der Berliner Attentäter
Anis Amri, der zwölf Menschen auf dem Berliner Weihnachtsmarkt in den
Tod riss, in NRW seine Gefährderakte, Meldeadresse und
Islamisten-Netzwerke hatte. Jäger vertritt die Auffassung, dass es
keine rechtliche Möglichkeit der Abschiebehaft gab und die
NRW-Behörden keine größeren Fehleinschätzungen zu verschulden hätten
als alle anderen Sicherheitsapparate in Deutschland auch.
Der skandalerprobte Innenminister will den Helm also enger
schnallen und alle Kritik vier Monate vor der Landtagswahl aussitzen.
Da Jäger zu einer Symbolfigur der Sicherheitsdebatte in NRW geworden
ist, könnte der SPD das schlecht bekommen. Zumal die
Kompetenzzuschreibungen in diesem Feld nicht die höchsten sind und
unerwartet ein Ein-Thema-Wahlkampf droht. Kein Wunder, dass mancher
Sozialdemokrat in höchster Not einen Neuanfang mit Justizminister
Thomas Kutschaty als Aufräumer im Innenressort bevorzugen würde. Nur
so sei das "Jäger-Latein" von Loveparade, Burbach, Hogesa,
Rekordeinbruchszahlen und Kölner Silvesternacht zu beenden.
Doch ein Rauswurf Jägers würde für Kraft neue Risiken bergen. Der
Scheinwerfer im Fall Amri wäre erst recht nach NRW gerichtet. Die
Abberufung des Innenministers könnte als Schuldeingeständnis gelesen
werden. Nicht zuletzt die Ministerpräsidentin selbst geriete
womöglich stärker in den Fokus. Und wäre das Mega-Thema Innere
Sicherheit durch den Personalwechsel wirklich wieder klein zu
kriegen? Es ist die Wahl zwischen schlechten Alternativen.
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