(ots) - Die USA sind Europas Sehnsuchtsland - und mitunter
auch sein Hassobjekt. Sie faszinieren kulturell, von Jeans bis
Hollywood - und sind uns in manchem doch fremd. In der Reaktion auf
seine Präsidenten ist das immer deutlich geworden. Die Bewunderung
für Kennedy, noch größer als jetzt für Obama, hat eine ganze
Generation geprägt. Ebenso die Proteste gegen Johnsons und Nixons
Vietnamkrieg oder Reagans nukleare Aufrüstung. Es ist ein
ambivalentes Verhältnis, ein Auf und Ab. Aber nie war es ein Bruch.
Mit Donald Trump könnte es zu einer dauerhaften Entfremdung kommen.
Es wird davon abhängen, was er von seinen Ankündigungen umsetzt und
ob er länger als vier Jahre amtiert. Wenn es so schlimm kommt, wie
man befürchten muss, wird seine Amtszeit die Welt verändern. Die USA
werden dann aus europäischer Sicht eine fremde Macht sein, so fremd
wie China oder Russland. Es wird keine natürliche Wertegemeinschaft
mehr geben und vielleicht keine Nato. Es wird das Ende des Westens
sein, wie wir ihn kennen. Und dann wird die kulturelle Attraktion der
USA ebenfalls abnehmen. Trump wird auch in Europa eine neue
Protestkultur erzeugen, wie sie in den Vereinigten Staaten bereits
erkennbar wird. Das Paradoxe ist: Für Europa ist das sogar eine
Chance. Denn diesmal ist es nicht nur die Jugend, die einen
bestimmten US-Präsidenten zutiefst ablehnt oder Angst vor ihm hat.
Diesmal ist es der weit überwiegende Teil der Bevölkerung, und es ist
nahezu die gesamte politische, geistige und wirtschaftliche Elite.
Sie spürt in der Spiegelung zu diesem ungehobelten Parvenü, was hier
in Europa erreicht worden ist. Und was es zu verteidigen gilt. Trump
kommt vielleicht gerade zur richtigen Zeit, um die europäischen
Politiker zur Besinnung zu bringen: Wollen sie ebenfalls dem
Nationalismus hinterherlaufen, der Abschottung, einer Politik des
gegenseitigen Ãœbertrumpfens statt der Kooperation? So wie es die
Briten mit dem Brexit schon begonnen haben? Das Bewusstsein wird
wieder steigen, dass das auf einem so engen und vielfältigen
Kontinent nicht funktionieren kann. Es wird übrigens auch in Amerika
nicht funktionieren. Also wird das europäische Selbstbewusstsein
wieder wachsen. Das muss es sowieso, genau wie seine Militärausgaben.
Denn Europa wird mehr als bisher auf sich gestellt sein in der Welt.
Der Teil der europäischen Bevölkerungen, der Trump für einen
Hoffnungsträger hält, wird spätestens dann ernüchtert sein, wenn
seine Impulsivität zu internationalen Konflikten führt, wenn sein
Schuldenfeuerwerk die Konjunktur abwürgt, und wenn sein
Protektionismus Handelskriege auslöst, die Deutschland und Europa
Arbeitsplätze kosten. Mit Trump regiert nun einer aus der weltweiten
neonationalistischen Bewegung. Gottseidank nicht in Deutschland,
nicht in Europa. Die Welt wird sehen, was das bedeutet. Und sie wird
hoffentlich klüger werden.
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