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Einzelhandel 2017: Jahr der Weichenstellungen / Oliver Wyman-Branchenreport "Retail Journal" beschreibt Handelsszenarien der Zukunft

ID: 1452504

(ots) - Der Einzelhändler der Zukunft definiert sich nicht
mehr allein über Waren, sondern auch über Dienstleistungen und
Informationen. Künstliche Intelligenz wird zahlreiche
Routineaktivitäten wie Angebotsgestaltung, Preissetzung und Prognosen
übernehmen. Die Bedeutung der Filialen wird abnehmen, selbstfahrende
Fahrzeuge werden die "letzte Meile" revolutionieren. Der Warenfluss
wird auch in Zukunft Kern des Handels sein. Doch neben ihn treten als
ebenso wichtige Determinanten die Information und das Wissen.

Diese zum Greifen nahen Zukunftsszenarien beschreibt der aktuelle
Branchenreport "Retail Journal" der internationalen
Managementberatung Oliver Wyman. Sirko Siemssen, Handelsexperte und
Co-Leiter des europäischen Branchenteams Einzelhandel und
Konsumgüterindustrie bei Oliver Wyman: "Der technologische und
gesellschaftliche Wandel löst einen tiefgreifenden Wandel im
Einzelhandel aus. Er erfasst die Lieferketten, den gesamten Betrieb
und wirkt sich damit direkt auf die Zukunftsaussichten der einzelnen
Anbieter aus. Unternehmen sollten sich an die Spitze der
Veränderungen setzen, ansonsten drohen sie perspektivisch gegenüber
neuen Wettbewerbern mit disruptiven Geschäftsmodellen ins
Hintertreffen zu geraten. Allerdings: Noch weiß niemand, wohin genau
die Reise geht. Entsprechend sind strategisches Agieren und Agilität
gefragt."

Tektonische Verschiebungen auf drei Ebenen

Die neuen, auf der umfassenden Digitalisierung basierenden
Geschäftsmodelle werden weitere spürbare Veränderungen auf drei
zentralen Ebenen im Einzelhandel nach sich ziehen:

> Die Zentralen: Algorithmen und künstliche Intelligenz werden
zahlreiche Routineaufgaben im Einkauf beziehungsweise Category
Management, im Marketing und in der Steuerung der Lieferkette
übernehmen. Sie kommen schneller zu besseren Antworten als




menschliche Entscheider. Nur in definierten Ausnahmefällen ist hier
noch menschliches Eingreifen erforderlich. Viele Aufgaben in der
Administration werden sogar vollständig digitalisiert. Der
Mitarbeitereinsatz kann in der Konsequenz mehr und mehr auf
strategische Fragen und das Treiben von Innovationen ausgerichtet
werden. Entsprechend steigen die Anforderungen an die verbliebenen
Mitarbeiter. Der Kampf um die besten Talente wird nochmals deutlich
an Intensität zunehmen.

> Die Filialen: Auch die Bedeutung der Filialen wird weiter
abnehmen. Der Handel verändert sich fundamental von einem
filialbasierten zu einem kundenbeziehungsbasierten Geschäft. Hinzu
kommen immer mehr Optionen für die letzte Meile vor allem in urbanen
Regionen. Autonom fahrende Lieferwagen, die einem Kunden eine
WhatsApp-Nachricht senden, dass sie vor der Tür stehen und die
Einkäufe mittels Passwort aus einer Boxen entnommen werden können,
werden in nicht allzu ferner Zukunft Realität sein.

> Die Branchenstruktur: Um weiter mit Discountern bei den Preisen,
mit Technologiegiganten bei Apps und Technologien rund um die
Kundenschnittstelle und mit Geschäftsmodellen, die ganz neue
Skaleneffekte auf der letzten Meile realisieren, konkurrieren zu
können, wird sich der Handel in Europa durch Fusionen und Übernahmen
weiter von einem nationalen hin zu einem internationalen Geschäft
weiterentwickeln. Besonders im europäischen LEH wird das deutlich
spürbar sein: In zehn bis fünfzehn Jahren wird es nur noch halb so
viele der Anbieter mit im Kern filialbasierten Modellen geben.

Wissen nutzen, Kundenansprache und -dienste verbessern

Ein erster Schritt in Richtung Zukunft ist die Wandlung des
Einzelhandels weg vom reinen Produktverkauf hin zu einem stärkeren
Kundenfokus. Zukünftig kann nur erfolgreich sein, wer komplett
differenzierte Sortimente anbieten kann, die auch wirklich
nachgefragt werden, wer spürbare Kostenvorteile in der Supply Chain
und damit deutlich niedrigere Verkaufspreise realisieren kann oder
wer die Kundenschnittstelle kontrolliert, so der Branchenreport.
"Ehrlicherweise können nur die wenigsten Händler einen tatsächlichen
Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb bei einer der drei Dimensionen für
sich beanspruchen", sagt Handelsexperte Siemssen. "Oft trifft ein nur
in Nuancen differenziertes Leistungsangebot auf durchschnittlich
effiziente Beschaffungs- und Supply Chain-Kosten und eine recht
gewöhnliche Kundenschnittstelle. Umso bedrohlicher ist das Szenario,
dass sich branchenfremde Anbieter mehr und mehr der
Kundenschnittstelle bemächtigen und den etablierten Handel zu
austauschbaren Warenversorgern degradieren."

Der Kampf um die Schnittstelle zum Kunden ist voll entbrannt. Für
Händler gilt es, Kunden zu verstehen, Bedürfnisse zu befriedigen und
die Nachfrage zu antizipieren. Dazu müssen die Einzelhändler ihre
Kunden noch viel besser kennenlernen als es bereits der Fall ist.
"Die Daten der Händler sind dabei ihr größter Schatz", sagt Siemssen.
"Einzelhändler wissen, was Konsumenten tatsächlich tun - und zudem
wann und wo. Besonders Deutsche Händler hinken bei der Nutzung dieser
Daten allerdings hinterher und drohen, die Kundenschnittstelle an
Google, Amazon & Co zu verlieren. In manchen Non-Food-Sektoren ist
das bereits weitestgehend passiert."

Als alternative Überlebensstrategie können sich etablierte Händler
eine Nische als flexible, lokale Anbieter suchen und Kunden mit eben
jenen Eigenschaften überzeugen, die den dann international agierenden
Unternehmen fehlt. Siemssen: "Wer sich jetzt nicht genau überlegt, wo
sein Platz in dieser neuen Einzelhandels-Welt ist, könnte zu keiner
dieser beiden Gruppen gehören - und stattdessen von einem
Wettbewerber geschluckt werden."



Pressekontakt:
Maike Wiehmeier
Communications Manager DACH
Oliver Wyman
Tel.: +49 89 939 49 464
maike.wiehmeier(at)oliverwyman.com

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Datum: 06.02.2017 - 10:14 Uhr
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